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Transparenz mit möglichem Werbeeffekt

■ Scientology: Hamburger Parteien sind alle dagegen und setzen auf Aufklärung

„Man sollte das Problem aus taktischen Gründen nicht so hoch hängen“, meint GAL-Bürgerschaftlerin Ulla Bussek. Sie befürchtet einen „Werbeeffekt“ für die US-Organisation Scientology. Alle Fraktionen sind sich allerdings darüber einig, daß etwas gegen die geschäftstüchtige Psycho-Sekte zu geschehen hat, und setzen dabei vor allem auf „Transparenz, Aufklärung, Öffentlichkeit“, wie Helga Weise, Scientology-Spezialistin der SPD-Bürgerschaftsfraktion, auflistet.

Zusätzlich hat die Bürgerschaft kürzlich einstimmig ein Maßnahmenpaket verabschiedet, wonach alle Wirtschaftsberatungs- und Consulting-Firmen, mit denen die Behörden zusammenarbeiten, unterschreiben müssen, daß sie mit Scientology nichts zu tun haben.

Trotz der allseits betonten Einmütigkeit halten GAL und SPD jedoch einige Vorstöße aus christdemokratischer Richtung für unangemessen: Der Aufruf der Jungen Union, den neuen Tom-Cruise-Streifen „Mission Impossible“ zu boykottieren, weil der bekennende Scientologe Cruise einen Teil seines Honorars an die Sekte abführe, verspreche „wenig Erfolg“, meint Bussek. Die Idee der CDU, Scientologen durch den Verfassungsschutz observieren zu lassen, sei erst praktikabel, wenn sich herausstelle, daß Scientology verfassungsfeindliche politische Ambitionen habe.

Da Strukturen und Mitgliedschaft in der Organisation geheimgehalten werden und an Informationen ausschließlich über „Aussteiger“ zu kommen ist, ist eine Einschätzung von Ausbreitung und Einfluß schwer. Scientology ist nicht nur im Psycho- und Glücksverheißungsgeschäft, sondern vor allem in der Immobilien- und Wirtschaftsberatungsbranche sowie wahrscheinlich auch in der Schönheitsberatung aktiv. „Überall, wo sich schnell Geld machen läßt“, erklärt Weise.

Die Einzelmaßnahmen, die derzeit in den Medien diskutiert werden – Beamtenüberprüfung im großen Stil, Boykotte und ähnliches – greifen auch nach Meinung von Ursula Caberta, Senatsbeauftragte für das Scientology-Problem, zu kurz. Was ihre eigenen Vorschläge angeht, gibt sich Caberta allerdings eher schweigsam: „Das muß man differenziert sehen“.

„In Hamburg haben wir sie klein gekriegt“, behauptet Caberta, daß das vereinte Engagement von Makler- und Mieterbünden sowie Behörden, die Sekte aus dem Immobilien- und Wirtschaftsberatungsbereich zurückzudrängen, gefruchtet habe. Es sei allerdings an der Zeit, sich der Organisation auf Bundesebene anzunehmen. Weil Scientology in Bonn jedoch immer noch als Jugendsekte gelte, sei dort Claudia Nolte als Jugendministerin zuständig, die wiederum mit dem Problem schlicht überfordert sei.

Ulrike Winkelmann

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