Transparency International zum Konjunkturpaket: "An anderen Stellen Transparenz erhöhen"
Gelder für Bauleistungen können in viel größerem Umfang ohne Ausschreibung vergeben werden. Was mit den Mitteln des Konjunkturpakets II geschieht, ist schwieriger zu kontrollieren, sagt Gabriele Klug von Transparency International.
taz: Frau Klug, bisher durften nur Mittel in Höhe von 5.000 Euro ohne Ausschreibung vergeben werden, jetzt sind es 100.000 Euro. Das Land hat also die Grenze für die sogenannte freihändige Vergabe für Bauleistungen auf das 20-Fache angehoben. Stehen damit der Korruption nicht Tür und Tor offen?
Gabriele Klug: Da gibt es natürlich keinen Automatismus. Allerdings steigt die Zahl der Verfahren ohne öffentliche Ausschreibung, und damit sinkt das Maß der Transparenz. Denn öffentliche Ausschreibungen haben eine wichtige Marktfunktion, auch wenn sie scheinbar bürokratisch daherkommen. Gibt es davon deutlich weniger, wird die Integrität des Systems an einer Stelle empfindlich getroffen.
Was schlägt Transparency vor?
Wir meinen: Verwaltungsintern müssen die Vorkehrungen gegen Korruption verstärkt werden, wie das Mehr-Augen-Prinzip, die gezielte Sensibilisierung von MitarbeiterInnen und andere Maßnahmen. Das ist in dieser Zeit unabdingbar. Um dem Weniger an Transparenz durch die Reduzierung der öffentlichen Ausschreibungen entgegenzuwirken, muss man an den anderen Stellen die Transparenz erhöhen.
Wie könnte das aussehen?
Der Bund und die Länder sollten jeweils Internetseiten einrichten, auf denen die jeweiligen Aufträge und deren Vergabe sowie die Vergabeart mitgeteilt werden. Das ist auch nicht zu kompliziert. Im Grunde lässt es sich mit den Mitteln einer Excel-Tabelle lösen. Man braucht mehrere Zeilen und ein paar Spalten, in denen die Angaben zu den Kriterien gelistet werden.
Berlin verpflichtet sich lediglich dazu, im Nachhinein "auf geeignete Weise" über die Vergabe zu informieren. Im Dienstleistungssektor soll sogar das entfallen, da dieser als nicht korruptionsgefährdet gilt. Was halten Sie davon?
Das kann ich nicht nachvollziehen. Der Kern bei der Transparenz ist doch, Vertrauen zu schaffen. Und Kontrolle zu ermöglichen. Das ist gerade in der Sondersituation des Konjunkturprogramms nötig. Diese immensen Mittel, die jetzt zur Verfügung stehen, müssen mit einem fairen Verfahren und nachhaltig vergeben werden. Deswegen ist es ein ureigenes Interesse der vergebenden Stelle, den Bürgern die Diskussion darüber zu ermöglichen und den Marktwettbewerbern die Information zu geben, wofür die Gelder eingesetzt werden.
Die neuen Vergaberichtlinien werden ja damit begründet, dass es nun schnell gehen muss.
Es ist ein Trugschluss zu glauben, man könne am meisten Zeit gewinnen, indem man die Vergabeverfahren dereguliert. Dadurch entfallen im Normalbetrieb zwar Fristen, wirklich zeitaufwändig sind aber die sorgfältige Planung und Prüfung: Was ist eine wirtschaftliche und nachhaltige Investition oder Dienstleistung, welchen technischen Anforderungen muss die Investition oder Leistung genügen?
Wo erwarten Sie weitere Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Konjunkturpakets?
Innerhalb von zweieinhalb Jahren müssen im Grunde die Mittel abgeflossen sein. Das heißt, auch bei der Durchführung der Investitionen muss auf Qualität und ordnungsgemäße Abwicklung geachtet werden. Die oft komplexe Abwicklung von Investitionen mit General- und Subunternehmern erfordert ständige Prüfung, etwa um Pfusch am Bau keine Chance zu geben. Das müssen wir im Auge behalten, um nicht dem schnellen Geld weiteres nachschießen zu müssen.
INTERVIEW: GRIT WEIRAUCH
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