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Trainerposse im italienischen FußballSaubermann räumt auf

Lazio Roms Klubchef Lotito sperrt Trainer Petkovic aus, um Geld zu sparen. Der bekennt sich zum Verein, darf aber nicht mehr zum Training.

Hat erstmal ausgeklatscht: Vladimir Petkovic. Bild: ap

ROM taz | Ein Trainer. Gar kein Trainer. Oder sogar zwei? Beim Klose-Klub Lazio Rom ist in diesen Tagen einiges los. Präsident Claudio Lotito stellte am 28. Dezember den bisherigen Trainer Vladimir Petkovic von allen Aufgaben frei.

Anlass war dessen Unterschrift beim Schweizer Fußballverband. Der Kontrakt des Hitzfeld-Erben beginnt zwar erst in der kommenden Saison, Lotito fühlt sich dennoch hintergangen. „Petkovic hat uns nicht offiziell über seine Verhandlungen mit dem Schweizer Verband informiert. Er hat damit das Ansehen Lazios beschädigt“, wird der Klubchef in italienischen Medien zitiert.

Den wahren Grund nannte Lotito gleich mit: „Es geht auch um ökonomische Aspekte. Es handelt sich um etwa 600.000 Euro für Petkovic und seine Leute von jetzt bis Juni.“

Lotito, der sein Vermögen vor allem mit Putzkolonnen in den öffentlichen Gebäuden Roms gemacht hat, verhält sich wie ein echter Aufsteiger. Reich wird nur der, der anderen nicht einmal das Schwarze unter den Fingernägeln gönnt. Und weil er eben 600.000 Euro (etwa 400.000 allein für Petkovic) nicht an Männer geben will, die er – nicht ganz zu Unrecht – für die sportliche Talfahrt verantwortlich macht, kam er auf den Gedanken, Petkovic nicht förmlich zu entlassen, sondern ihm vor Gericht das Gehalt streitig zu machen.

Verkennung der Lage

Viel Erfolg wird ihm dabei nicht zugebilligt. Im letzten Jahr trennte er sich auf ähnliche Art von Giuseppe Galderisi, dem Trainer seines Zweitklubs Salernitana. Er warf ihm „rufschädigendes Verhalten“ vor und behielt die Gelder ein. Das Gericht wies ihn jedoch ab. Lotito musste Gehälter und Gerichtskosten zahlen.

Petkovic hält auch tapfer dagegen, allerdings auf ziemlich schräge Art. Er sehe sich noch immer als „stolzer Trainer von Lazio“, ließ er seinen Anwalt per Pressemitteilung verbreiten. In leichter Verkennung der Realität – nur fünf Siege in 17 Spielen, sechs Zähler vom Abstieg, aber 16 von der Champions League entfernt – schwadronierte Petkovic von einem „siegreichen sportlichen Projekt“ und wünschte Lazio Rom ein „wunderbares gemeinsames 2014“.

Von gemeinsamen Erlebnissen mit Lazio ist er aber ausgeschlossen. Oberboss Lotito wies den Pförtner des Trainingszentrums Formello an, Petkovic nicht hereinzulassen. Das Training übernahm mit dem wackeren Edy Reja dessen unmittelbarer Vorgänger.

Der habe, so teilen es die unermüdlichen Beobachter des Trainingsbetriebs vom Lokalblatt Il Messaggero mit, „wieder ein Lächeln auf die Gesichter der Spieler gezaubert und sie mit neuer Motivation versehen“. Auch Miroslav Klose, zuletzt reichlich frustriert wirkend, habe wieder Mut gefasst.

Drei Trainer für Klose

Reja wird zumindest der sichere Klassenerhalt zugetraut. Selbst Fans, die vor zwei Jahren vom Catenaccio des mit 68 Jahren ältesten Serie-A-Trainers frustriert waren, schöpfen ironisch Hoffnung. „Onkel Edy ist glaubwürdig. Im Sommer 2012 schmiss er den Bettel hin, weil Lotito von ihm einen Champions-League-Platz forderte, aber keine Verstärkungen anbot. Jetzt kommt er zurück, weil er weiß, dass dieser Kader zu gut für den Abstieg ist“, lautete ein Kommentar auf dem Fanforum avantilazio.com.

Den Beginn der Rückrunde am Montag gegen Inter wird Reja nach Lage der Dinge aber von der Tribüne aus verfolgen. Denn offiziell ist Petkovic immer noch Lazio-Trainer. Auf der Bank nimmt Alberto Bollini Platz, Trainer der Nachwuchsmannschaft. So gesehen hat Klose sogar drei Trainer.

So bleibt Klubeigner Lotito mit seiner Knausrigkeit und Sprunghaftigkeit ein Garant für Frust bei allen seinen Angestellten, Putzfrauen und Fußballprofis eingeschlossen.

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