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Archiv-Artikel

Tradition im Sachsenwald

Auch dieses Jahr traf sich der „Bismarckbund“ zu Ehren des verblichenen Reichsgründers. Schirmherr Fürst Ferdinand von Bismarck begrüßte erneut manch rechten Streiter

Hamburg taz ■ „Mit der DVU habe ich nichts zu tun“, betont Gräfin Gunilla von Bismarck gegenüber der taz. Doch ist ein Leserbrief in der Zeitung der Deutschen Volksunion mit „Fr. Gräfin G. v. Bismarck“ unterzeichnet. Leserbriefe schreibe sie aber „grundsätzlich nicht“, erklärt die Gräfin. Und so will sie auch nicht – anders als die Absenderin – „mit Bewunderung den mutigen Einsatz der DVU in Hamburg“ verfolgt haben. „Unglaublich! Mit rechten Parteien habe ich wirklich nichts gemein.“

Nicht alle Angehörigen des Hauses Bismarck gehen derart auf Distanz. Seit Jahren unterhält das Familienoberhaupt, Fürst Ferdinand von Bismarck, rechte Kontakte. Als Schirmherr des „Bismarckbundes e. V.“ beehrte er sich auch 2004, zum „Tag der deutschen Einheit“ nach Friedrichsruh östlich von Hamburg zu laden. Wie jedes Jahr hatte der „Bismarckbund“ – 1981 mitgegründet vom früheren Referenten im NS-Propagandaministerium Hugo Wellems – „Deutsche aus allen Teilen des Vaterlands“ gerufen, um des Reichsgründers zu gedenken.

Mehr als 150 geladene Gäste kamen: die Damen und Herren im Sonntagsstaat, Bundeswehrangehörige in Ausgehuniform, Burschenschafter in ihrer Farbenpracht. Die Festrede hielt General a. D. Dr. Günter Kießling. Der ehemalige NATO-Oberbefehlshaber klagte über die „Reeducation“ nach dem „Untergang 1945“ und wetterte über zu viel Demokratie und Gleichheit. In der Vergangenheit trat er bereits bei der Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft (SWG) als Gastredner auf, von deren „personellen Überschneidungen zu rechtsextremen Organisationen“ Hamburgs Verfassungsschutz (VS) weiß.

Nach Kießlings Rede verlieh Fürst Ferdinand den Bismarck-Orden in Gold an seinen Sohn, Fürst Carl-Eduard Graf von Bismarck, und an Albrecht Jebens. Dieser wirkte lange im Vorstand der „Gesellschaft für Freie Publizistik“ (GfP) – laut VS die „größte rechtsextreme Kulturvereinigung“.

Den Sarkophag bewachten Uniformierte des „Traditionsvereins Lützower Jäger von 1813“, bei denen – dem Spiegel zufolge – bereits Burschenschafter wehrsportähnliche Übungen durchgeführt haben. Ende der 90er Jahre hatte sich der Bismarckbund noch gegen solche Teilnehmer ausgesprochen: Damals sollte der Schirmherr gerade in den Vorstand der neuen Bundesstiftung „Otto-von-Bismarck“ berufen werden. Nun sitzt er in deren Kuratorium, sein Sohn im Vorstand. Und besondere Rücksicht hält der Bismarckbund mit seinen 500 Mitgliedern wohl nicht mehr für nötig.

Der Fürst ohnehin nie: Er schrieb in der SWG-Schriftenreihe, gratulierte der Wochenzeitung Junge Freiheit zum Bestehen und lud den „Schulverein zur Förderung der Russlanddeutschen in Ostpreußen“ auf sein Anwesen. Das Blatt wird von Nordrhein-Westfalens Verfassungsschützern beobachtet, der „Schulverein“ von dessen Kollegen in Schleswig-Holstein.

Andreas Speit