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■ Tour d'EuropeAus für Schwedens Alt-AKWs?

Die schwedische Anti- AKW-Bewegung hat Oberwasser. „Es darf kein Tschernobyl auf schwedischem Boden geben“, warnte in dieser Woche Kjell Olof Feldt, führender sozialdemokratischer Politiker und Wirtschafts- und Finanzminister mehrerer Regierungen, und fügte hinzu: „In Barsebäck war die Kernschmelze nicht mehr weit!“ Sein Appell: Die fünf seit Mitte September stillgelegten schwedischen Atomreaktoren dürfen nicht mehr angefahren werden.

Feldt galt bislang als vorbehaltloser Befürworter der Atomkraft. Seinem Appell schloß sich nun in vorsichtiger Form auch Schwedens amtierender Umweltminister Olof Johansen an: Es wäre eine gute Idee, so der Minister, ein öffentliches Expertenhearing zu veranstalten, bevor die fünf abgestellten Atomkraftwerke wieder in Betrieb genommen werden. Denn auch wenn es im Interesse der Stromindustrie sei, die alten AKWs so lange weiter zu betreiben, bis sie abgeschrieben seien, sei doch fraglich, ob dies mit den Sicherheitsbestimmungen in Einklang zu bringen sei. Diese Reaktion aus der Regierung weist auf eine größere Bereitschaft als bisher hin, über Schwedens Alt-AKWs eine Diskussion zuzulassen.

Kjell Olof Feldt bestätigte in seinen Äußerungen die seit der Stillegung der Reaktoren von verschiedenen Seiten erhobene Vermutung, daß das AKW „Barsebäck 2“ aufgrund einer Verstopfung des Kühlsystems kurz vor einer Kernschmelze stand. Bei dem Vorfall Ende Juli waren durch ein defektes Sicherheitsventil 200 Kilogramm Isolationsmaterial (Mineralwolle) losgerissen und vor die Einlauföffnungen der Pumpen des Notkühlsystem gespült worden, welches daraufhin verstopfte. Nach der Überprüfung des Zwischenfalls hatte Schwedens Atomkontrollbehörde SKI alle Reaktoren gleicher Konstruktion Mitte September stillgelegt, denn der Barsebäck-Unfall hatte einen grundlegenden Konstruktionsfehler der in den siebziger Jahren gebauten Siedewasserreaktoren enthüllt. SKI-Chef Lars Högberg: „Wir waren immer davon ausgegangen, daß bei einem solchen Zwischenfall die Mineralwolle nach unten sinkt oder oben schwimmt, aber jedenfalls nicht die Pumpen verstopfen kann. Während bereits nach diesem für die Atomkontrollbehörde mehr als peinlichen Eingeständnis die Anti-AKW-Bewegung forderte, die Alt-Reaktoren nicht mehr anlaufen zu lassen, kommt diese Forderung jetzt erstmals auf politischer Ebene: „Die Politiker müssen jetzt zeigen“, erklärte Feldt, „ob Sicherheit für sie nur ein leeres Wort ist. Wenn sie Sicherheit ernst nehmen, dürfen diese Reaktoren nicht mehr ans Netz.“ Und pünktlich zu der Diskussion kommen die neuesten Zahlen zum schwedischen Stromverbrauch: Sie belegen, daß auch ohne die fünf Alt-Reaktoren in Schweden kein Licht ausgehen müßte. Reinhard Wolff

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