■ Tour d'Europe: Rassismus, die Rechte und Ausländerpolitik
In immer mehr europäischen Parlamenten sitzen Vertreter von Parteien, die mit offenen Plädoyers gegen Einwanderung, Asylmißbrauch und multikulturelle Gesellschaften ihre Stimmen erzielen. Sie bezeichnen sich als „national“, „rechts“, „extrem rechts“ oder auch „demokratisch“ – in der öffentlichen Wahrnehmung laufen sie unter der Bezeichnung „rechtsextrem“ oder „rassistisch“. 21 Parlamentarier rechtsextremer Parteien sitzen bereits jetzt im Europaparlament – aus Belgien, Frankreich, Italien und der Bundesrepublik. Bisher gibt es keine Anzeichen, daß die Erfolge rechtsextremer Parteien in absehbarer Zeit nachlassen werden. Der offen rassistische Vlaams Blok wird allen Prognosen zufolge nach den herannahenden Wahlen als stärkste Fraktion in das Antwerpener Stadtparlament in Belgien einziehen. In den Niederlanden haben die rechten „Centrumdemokraten“ sowie die noch extremer rechts angesiedelte „Centrum Partei '86“ bei den Kommunalwahlen am 2. März ihre Stimmenanteile in einigen Städten verdoppelt. Auch in Skandinavien verfügen rassistische Parteien in den vergangenen Jahren erstmals über einen ernst zu nehmenden Rückhalt. Viele dieser Parteien schrecken auch vor Militanz und Gewalt nicht zurück. Außerdem bekommen sie fast überall Rückendeckung von militanten rechten Gruppen. – Gleichzeitig geht ihr Erfolg einher mit immer restriktiveren Einwanderungsbestimmungen in allen europäischen Ländern. Antirassismus- und Flüchtlingsgruppen kämpfen nicht nur gegen den wachsenden Rassismus und die extreme Rechte, sondern immer stärker auch gegen die restriktive Ausländerpolitik der europäischen Regierungen. – Analog zu den immer stärkeren Vernetzungen der Rechten organisiert sich auch die antirassistische Gegenbewegung jetzt über ihre Länder und Gemeinden hinaus. Das europäische Netzwerk United „gegen Nationalismus, Rassismus, Faschismus und zur Unterstützung von Einwanderern und Flüchtlingen“ vereint nach eineinhalb Jahren bereits 182 Gruppen und Organisationen aus 36 Ländern. Am kommenden Sonnabend beginnt eine „europaweite Woche gegen Rassismus“. Mit drei Massendemonstrationen in London, Brüssel und Den Haag, zu denen mehrere hunderttausend Menschen erwartet werden, soll am 19. März auf den wachsenden Rassismus in Europa aufmerksam gemacht werden. Darüber hinaus finden bis zum 27. März auch Konferenzen, Aktionswochen an Schulen, Debatten, Seminare, Filmvorführungen und vieles mehr in 25 europäischen Ländern statt. Im Gedenken an ein Massaker der südafrikanischen Polizei, bei dem am 21. März 1960 in Sharpeville 70 Demonstranten ermordet wurden, hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen den 21. März bereits 1967 zum Gedenktag gegen jede Form von Rassismus und Nationalismus erklärt.jgo
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