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■ Tour d'EuropeWeinschwemme

Die Winzer in der Europäischen Union sind so fleißig, daß mit dem Wein, den sie herstellen, jedes Jahr rund 1.000 Fußballplätze zwei Meter hoch unter Wein gesetzt werden könnten. In Fässer gefüllt, macht das 190 Millionen Hektoliter aus. Mit einer Produktion von etwas mehr als 52 Millionen Hektolitern ist Frankreich Europameister, ein paar Fässer dahinter folgt Italien vor Spanien und Portugal. Deutschland steuert immerhin noch 13 Millionen Hektoliter bei.

Aber soviel will niemand trinken. In diesem Jahr bleibt rund ein Fünftel der europäischen Weinproduktion übrig und der Überschuß wird ständig mehr. 1993 haben die Europäer ungefähr eine Milliarde Flaschen weniger getrunken als noch 1990. Gleichzeitig holen die Winzer aus jedem Hektar Weinberg mit Geschick und Chemie jährlich 50 Liter Wein mehr heraus.

Die Europäische Union kauft das überflüssige Fünftel auf und läßt reinen Alkohol daraus machen. In der Verwaltungssprache heißt dieses Verfahren „Marktordnung“. Es funktioniert so ähnlich wie bei Milch, Getreide und Sauerkirschen und ist erfunden worden, damit die Einkommen von Bauern und Winzern trotz der ständigen Produktivitätssteigerungen nicht sinken. Das hat unter anderem dazu geführt, daß manche Winzer auch auf klimatisch und geologisch abseitigen Weinbergen fröhlich winzern und diese Lagen von vorneherein den Schnapsbrennern der EU widmen. Mangels Nachfrage sitzt die Gemeinschaft wiederum auf vier Millionen Hektoliter puren Alkohols.

Drei Milliarden Mark gibt die Europäische Union im Jahr aus, um den Weinmarkt zu ordnen. Versuche, den Weinstrom mit Abholzprämien für Rebstöcke einzudämmen, erreichten kaum die Promillegrenze der Produktion. Geholzt wurde vor allem in überalterten Beständen, wo ohnehin nicht mehr viel zu holen war.

Jetzt will die Europäische Kommission in Brüssel den Subventionshahn ein bißchen zudrehen. Jedes Land soll feste Produktionsquoten bekommen. Wer mehr anbaut, zahlt Strafe, wer weniger keltert, wird mit einer Prämie für jedes leere Faß belohnt. Doch entschieden ist noch nichts.

Fast alle Weinbauern sträuben sich gegen die Reform und haben bessere Vorschläge. Die deutschen und französischen Winzer rümpfen die Nase über die südlichen Massenweine und fordern, daß Qualitätsweine von Mosel, Saar, Burgund et cetera von den Quoten ausgenommen werden müßten. Die italienischen, spanischen und portugiesischen Winzer dagegen wollen Qualität anders buchstabiert sehen. Sie zeigen mit dem Finger nach Norden und verlangen ein generelles Zuckerverbot. Dadurch würde sich das Problem von selbst lösen. Denn ohne Nachzuckern würden die Trauben aus deutschen Landen – und selbst aus einigen französischen Nobelregionen wie Burgund und Elsaß – ziemlich dünnen Wein abgeben. Alois Berger, Brüssel

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