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Totalitäres System satirisch präsentiert

betr.: „Die Mauer ist nicht zum Lachen“, taz vom 28. 1. 00

[...] Den Film „Sonnenallee“ habe ich mit Genuss an der Satire gesehen. Dabei kann ich nicht behaupten, dass dem Streifen der nötige Respekt vor den Opfern dieses Regimes fehlt. Dargestellt wird doch das Leben einiger junger Menschen an der Mauer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr Dasein ausschließlich von ständiger Angst vor Scharfschützen und Wachleuten bestimmt wurde. Eher haben sie doch versucht, das Beste aus ihrer Situation zu machen. (Ich wage dies zu behaupten, da gleichaltrige Verwandte meinerseits vor der Wende im Prenzlauer Berg Häuser besetzten und so ihre Weltansicht zur Schau stellten.)

Ich bin der Meinung, der Film „Sonnenallee“ ist nicht dazu bestimmt gewesen, durchweg realistische Alltagssituationen der ehemaligen DDR darzustellen. Hier wurde vielmehr der Versuch gestartet, ein totalitäres System satirisch zu präsentieren. Der nötige Abstand zu tatsächlichen Grausamkeiten an der Mauer ist, so finde ich, durchaus gegeben.

Übrigens kann ich mich gut daran erinnern, dass das gesamte Filmpublikum im vollkommen ausverkauften Kreuzberger Yorck-Kino (mit einer Altersspanne von zirka 14 bis 65 Jahren) während der Mauerszene totenstill war – ein bedeutendes Moment, um alle an die schreckliche Realität zu erinnern, sollte sie denn tatsächlich vergessen worden sein. Gunilla Brodersen

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