Topbanken helfen bei der Steuerflucht: Staatsgelder für Staatsbescheißer
Weltweit wird das Zehnfache des deutschen BIP in Steueroasen gebunkert. Helfer der Reichen sind Topbanken, die allesamt Staatskredite bekommen haben.
BERLIN taz | In den Steueroasen der Welt lagern zwischen 21 und 32 Billionen US-Dollar auf Schwarzkonten – konservativ geschätzt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des ehemaligen Chefvolkswirts der Unternehmensberatung McKinsey, James Henry, die das „Tax Justice Network“ Ende Juli vorgestellt hat. Den Reichen der Welt wird dabei kräftig von Banken unter die Arme gegriffen.
Die Zahlen, die Henry berechnet hat, sind schwer zu fassen. Eine Billion, das ist eine Eins mit 12 Nullen. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands betrug im Jahr 2011 rund 3,2 Billionen Dollar, das der gesamten EU 15,5 Billionen Dollar.
Der Volkswirt Henry bezieht sich in seiner Schätzung allein auf liquide Mittel. Vermögen, das in Immobilien, Yachten oder Goldbarren steckt, ist noch nicht einmal mit eingerechnet. Über diesen fantastischen Reichtum verfügen nach Henrys Schätzung weniger als 10 Millionen Personen, also nur etwas mehr als 0,1 Prozent der Weltbevölkerung.
Die Verluste durch ausbleibende Steuern auf die Renditen dieser Vermögen liegen laut der Studie bei etwa 189 Milliarden US-Dollar pro Jahr. So verzerre die Steuerflucht die Finanzlage vieler Länder. Die 139 Staaten der Welt mit geringem bis mittlerem Einkommen sind aktuell mit durchschnittlich über 4 Billionen Dollar verschuldet. Würde man die Vermögen der reichsten Bürger dieser Länder, die das Geld ins Ausland schaffen, mit einrechnen, könnten diese Länder auf einen Haushaltsüberschuss von 10 bis 13 Billionen Dollar kommen.
Die klassischen Steueroasen sind zwar nach wie vor die Schweiz, Liechtenstein, Singapur und die Bahamas, Henry verdeutlicht in seiner Studie jedoch, dass die meisten Steueroasen heute virtuell seien. Sie bestünden aus „einem Netz juristischer und quasijuristischer Einheiten und Einrichtungen“, das sich um die ganze Welt spanne. Oft seien es zeitlich begrenzte Fonds, Konten, Scheinfirmen und Investmentgesellschaften, zwischen denen das Geld hin und her geschoben würde. Diese Arbeit übernehmen Privatbanken für ihre superreichen Kunden.
Henry hat die Geschäfte der 50 größten internationalen Banken analysiert und 10 Marktführer bei der Steuerschieberei identifiziert. In absteigender Reihenfolge sind das: UBS, Credit Suisse, Goldman Sachs, Bank of America, HSBC, Deutsche Bank, BNP Paribas, Wells Fargo, Morgan Stanley und JP Morgan Chase.
Besonders bitter: Alle dieser zehn Banken haben zwischen 2008 und 2012 Finanzspritzen durch Staatskredite erhalten. Henry kommt zu dem Schluss: „Gewöhnliche Steurzahler haben die größten Banken der Welt subventioniert, damit diese weiterhin ihren reichen Kunden dabei helfen können, Steuern zu hinterziehen.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!