: „Todesurteil in rechtsstaatlicher Fassade“
■ Lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe für RAF-Kämpferin Adelheid Schulz gefordert / Soll an Tötung von zwei niederländischen Zöllnern beteiligt gewesen sein
Stuttgart (AP/taz) – Im Stammheimer RAF-Prozeß gegen die schon 1985 zu lebenslanger Haft verurteilte Terroristin Adelheid Schulz hat die Bundesanwaltschaft am Dienstag eine lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe beantragt. Die Ankläger sahen es als erwiesen an, daß die 39jährige am 1. November 1978 im holländischen Grenzort Kerkrade zusammen mit dem Terroristen Rolf Heißler an einer Schießerei mit vier niederländischen Zöllnern beteiligt war, bei der zwei Beamte getötet und einer verletzt wurden. Die Anklage lautet auf gemeinschaftlich begangenen zweifachen Mord sowie gemeinschaftlichen versuchten Mord in zwei weiteren Fällen. Urteilsverkündigung ist am 5. September.
Ursprünglich hatte sich die Angeklagte wegen Mordes in zwei Fällen sowie wegen sechsfachen versuchten Mordes vor dem fünften Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart zu verantworten. Überraschend hatte die Bundesanwaltschaft am Vormittag aber beantragt, den zweiten Anklagekomplex zum gescheiterten Attentat auf US-General Frederick Kroesen und drei Begleitpersonen am 15. September 1981 in Heidelberg fallenzulassen.
Zuvor hatte der RAF-Aussteiger Henning Beer als Kronzeuge in Stammheim erklärt, Rolf Heißler habe ihm kurz nach dem blutigen Zwischenfall von Kerkrade bestätigt, daß Adelheid Schulz dabeigewesen sei.
Adelheid Schulz war schon am ersten Prozeßtag am 25. Mai auf eigenen Antrag und aufgrund der Androhung fortlaufender Störungen bis zu den Plädoyers vom Verfahren ausgeschlossen worden. Als sie gestern vormittag in den Saal geführt wurde, trommelte sie laut auf den Tisch und nannte den Vorsitzenden Richter einen „Schreibtischmörder“. In ihrem letzten Wort vor der Urteilsverkündung sagte Schulz, bei dem Verfahren werde versucht, „Todesurteile in rechtsstaatliche Fassaden zu verpacken“. Schulz beim Verlassen des Saals: „Isolation ist Folter und Mord.“
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