Tod des Kommunalen Kinos: Und plötzlich macht das KuKi dicht
Im Schlüchtern tobt der Streit um die Schließung des kommunalen Kinos. Die Stadt versagt ihm die finanzielle Unterstützung. Der Weiterbetrieb findet derzeit im Exil statt.
Vielen kommunalen Kinos in Deutschland geht es nicht gut. Das ist tragisch, denn gerade in ländlichen Regionen stellen diese nicht- oder semikommerziellen Lichtspielhäuser, die seit den frühen siebziger Jahren mithilfe öffentlicher Gelder entstanden sind, oftmals so ziemlich das einzige Mittel dar, ein interessiertes Kinopublikum jenseits der Multiplexe zu erreichen. Während das Duisburger filmforum, das älteste deutsche kommunale Kino überhaupt, seit Längerem gegen seine Schließung ankämpft, ist das Kulturkino, kurz KuKi, im osthessischen Schlüchtern jetzt bereits dichtgemacht worden.
Spricht man Hanspeter Haeseler, seit nunmehr 17 Jahren Leiter des KuKi, auf die Ereignisse an, fallen Wörter wie "Provinzposse" oder "Verantwortungslosigkeit". Haeseler spricht von "Partikularinteressen, die auf Kultur keinen großen Wert legen". Gleichzeitig ist er erkennbar darum bemüht, die Situation nicht weiter eskalieren zu lassen. Er sucht keinen Schuldigen, er will einfach nur sein Kino retten. Das ist am 30. Juni trotz gültigen Mietvertrags von der Stadt geschlossen worden - zwei Tage nachdem ein Konzept zum Ausbau des KuKi überraschend abgelehnt worden war. Momentan hält man den Kinobetrieb mit organisatorisch aufwändigen Exilveranstaltungen in Möbelhäusern und Sparkassen am Laufen.
Die Geschichte des Schlüchterner Kinos ist gleichzeitig auch eine jener Synagoge, in der das KuKi untergebracht ist. Diese Synagoge wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von einem Textilfabrikanten gekauft, der dort bis 1969 Kleidung produzierte. Anschließend mietete die Stadt Schlüchtern das Gebäude zu Verwaltungszwecken, 1993 entschied man sich, ein kommunales Kino einzurichten. Das KuKi lief gut, erwirtschaftete Gewinne, und so entschloss sich der Trägerverein vor ein paar Jahren, das Geld in die Sanierung der Gebäudesubstanz und in einen zweiten Kinosaal zu investieren. Potenzielle Zuschüsse standen bereit: Die Filmförderanstalt wollte sich beteiligen, das Land Hessen ebenso, zudem gab es EU-Mittel. Was fehlte, waren knapp 150.000 Euro von der Stadt.
Sabine Schöbel, Geschäftsführerin des Bundesverbands Kommunale Filmarbeit, spricht von einer "allgemeinen Krisensituation", in der sich die kommunalen Kinos derzeit befänden. Zum einen agiere man in Zeiten sinkender Kulturetats, gleichzeitig seien viele Kinos zur teuren Umrüstung auf digitale Projektoren gezwungen, "da es wohl bald keine Verleihkopien auf 35-mm-Film mehr geben wird". In Schlüchtern sollte der zweite Kinosaal mit eben so einem Projektor ausgestattet werden.
Unklar bleibt, warum die finanzielle Unterstützung im letzten Moment versagt, warum das Kino so abrupt geschlossen wurde, warum im Anschluss sogar Teile des Inventars aus dem Kino abtransportiert wurden. SPD-Bürgermeister Falko Fritzsch jedenfalls beteuert: "Es soll weiter Kino in Schlüchtern gezeigt werden." Im Gespräch mit Fritzsch stellt sich der Eindruck ein, als übe der Eigentümer der Synagoge Druck auf die Stadtverwaltung aus, als fühle sich dieser von den Ansprüchen der Kinobetreiber bedrängt. Mittlerweile hat sich auch Volker Schlöndorff aus New York eingeschaltet, der verlauten ließ, wie sehr er das KuKi schätze. Bleibt zu hoffen, dass die Sache doch noch zu einem guten Ende finden wird. Denn das nächste kommunale Kino liegt mehr als 70 Kilometer entfernt.
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