■ Tip: Hysterisches Zappen
Medienmagazine wie „Canale Grande“ (Vox), „Parlazzo“ (WDR) oder der unfreiwillig komische „Streitfall Fernsehen“ (Sat.1) kommen im deutschen TV noch selten vor. In Großbritannien und Australien hat man es dagegen offenbar aufgegeben, sich mit dem Fernsehen ernsthaft auseinanderzusetzen und ist lieber freiwillig komisch: Zwei neue Serien, die arte demnächst zeigt, nehmen sich des Mediums auf satirische Weise an.
„Fast forward“ und „TV Squash“ zappen sich mit hysterischer Geschwindigkeit durch den TV-Alltag: vom Frühstücksfernsehen zu den hirnrissigen Gameshows, von den videoanimierten Nachrichteninszenierungen zu den Wischi-Waschi-Talk-Runden, und von der Soap-opera zurück zum Shopping Channel. „TV Squash“ komprimiert einen ganzen Fernsehtag auf 24 Minuten. Die Idee zu der Serie kam dem Schauspieler Angelo Abela, als er 1990 das TV-Festival in Edinburgh besuchte. Nach einem harten Festival-Tag stellte er fest, daß man die meisten Programme eigentlich in zwei Minuten zusammenfassen kann, was er in „TV Squash“ tat – genau wie täglich Millionen von Zuschauern mit ihrer Fernbedienung.
„Fast Forward“ aus Australien kurbelt sich mit der Geschwindigkeit eines vorspulenden Videorecorders durch dasselbe Scheinuniversum wie „TV Squash“, ist allerdings gröber gestrickt und entwickelt in seinen besten Momenten einen Monty-Python-artigen Humor: Hitler erbittet auf dem Arbeitsamt einen neuen Job, in einer Parodie auf „Raumschiff Enterprise“ kämpft Captain Kirk für die Stabilität des Dollarkurses. Vieles bleibt freilich unverständlich für den, der sich nicht mit Australien und – noch wichtiger – mit dem australischen TV auskennt.
In „Fast forward“ und „TV Squash“ kommt das Nullmedium Fernsehen zu sich selbst: Wer sich durch demnächst bis zu 500 Kanäle zappen kann, sieht eigentlich gar nichts mehr. Und auch nach einer halben Stunde satirisch zusammengeschnipseltem TV-Bombardement kann man sich eigentlich an nichts erinnern.Tilman Baumgärtel
„TV-Squash“ ab morgen sonntäglich um 19 Uhr auf arte; „Fast forward“ ab 6. September, 19 Uhr
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