■ Tierrechtskampagne von Peta : Moralisch überlegen
betr.: „Der Jude, das Grillhähnchen“, „Das überschreitet den menschlichen Anstand“, Interview mit Arthur Berger, taz brennpunkt vom 3. 12. 03
Schockierend ist, dass auf dem Plakat die Opfer des Holocaust schon wieder mit Vieh gleichgesetzt werden. Offensichtlich haben die Verantwortlichen bei Peta das auch im Rückblick unvorstellbare Leid der Holocaustopfer im Nazideutschland nicht im Allergeringsten begriffen. Mit diesen Bildern, die Menschen all ihrer Würde und Intimsphäre beraubt zeigen, darf keine Werbung gemacht werden; für welchen Zweck auch immer. Der Wert ihres Zeugnisses wird damit relativiert. […] Falls Peta nicht in der Lage ist, die untragbare Situation der gequälten „Nutztiere“ in unserer zivilisierten Welt offenkundig zu machen, ohne die auf die unvorstellbarste Art und Weise geschundenen Menschen des Holocaust mit Tieren gleichzusetzen, dann haben die Mitglieder von Peta nichts aus Deutschlands dunkelster Vergangenheit gelernt. Die Sprache der „KZ-Bilder“ muss in ihrer Deutlichkeit, die mehr erklärt als alle Bücher über diesen unsäglich blutigen Schandfleck unserer Geschichte, als eindringliches Mahnmal für die folgenden Generationen erhalten bleiben.
Den erniedrigten und geschundenen Menschen auf den Fotos einen Teil ihre Würde durch bewusste Achtung im Gedenken zurückzugeben ist ein Teil unserer Vergangenheitsbewältigung. Zusammenfassend ist das Plakat herabwürdigend, verletzend und geschmacklos. JOHANNES WEBER, Ruppichteroth
Die angekündigte Kampagne von Peta ist ohne Zweifel höchst geschmacklos und menschenverachtend. Bei der berechtigten Kritik sollte sich jedoch auch der Kritiker an die Gesetze der Logik und das Gebot der Fairness halten. Dies ist leider an mehreren Stellen des Artikels nicht der Fall, womit er ins Tendenziöse abgleitet.
Hier nur ein Beispiel: Es wird behauptet, für die Mitglieder von Peta gäbe es keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier. Um diese (zweifellos falsche) Behauptung zu stützen, wird Harald Ullmann zitiert. Aus dem Zitat geht aber nur hervor, dass sowohl Mensch als auch Tier fähig seien, Schmerz zu empfinden, nicht, dass es keinen Unterschied gibt. Wenn dann sogar behauptet wird, dies müsse die Meinung aller 750.000 Peta-Mitglieder sein, dann greift der Autor zu plumper Scheinargumentation. Nach derselben Logik müssten alle SPD-Mitglieder glühende Verfechter der Agenda 2010 sein, nur weil ihr Parteivorsitzender dies ist. ARNE ROOCK, Hamburg
In dem Artikel wird ein Mann zitiert, der sich darüber empört, dass seine im Holocaust ermordeten Verwandten mit Essen verglichen werden. Damit verweist er exakt auf den Mechanismus, die eine Entmenschlichung des Menschen erst ermöglichen.
Solange das Tier nur als lebende Nahrung angesehen wird, ohne das Recht auf ein zwecksfreies Leben, so lange wird es auch möglich sein, Menschen auf dieses niedrige, tierische Niveau herabzuwürdigen und sie schließlich aus Nützlichkeitserwägungen massenhaft auszurotten und (entsetzlicher Zynismus) sie zu Lieferanten von Rohstoffen zu machen.
Die Ignoranz gegenüber der Unmenschlichkeit beginnt mit der Gleichgültigkeit gegenüber dem Elend der Tiere. Man muss kein Christ sein, um zu erkennen, dass sämtliches Leben auf unser Wohlwollen angewiesen ist. Im besten Fall unterscheiden sich Mensch und Tier durch die Fähigkeit zur tätigen Liebe. Und in diesem Fall wäre dann auch die angeprangerte Kampagne tatsächlich verfehlt.
ULI SCHEITENBERGER, Kisslegg
Was wirklich widerwärtig ist, ist die arrogante Haltung Herrn Bergers gegenüber dem tagtäglichen Leiden von Millionen von Tieren, die gequält und gefoltert werden im Namen der Wissenschaft oder damit Leute wie Herr Berger Fleisch essen können. Das ist ebenfalls ein Holocaust. Die menschlichen Opfer des Holocaustes werden durch die Peta-Kampagene nicht entwürdigt, vielmehr wird es höchste Zeit, ein realistisches Licht auf das Leiden der Tiere zu werfen und Tiere nicht auf eine niedrigere Stufe zu stellen. Schmerz ist Schmerz, und Tiere haben nicht weniger Respekt und ein würdiges Leben verdient als Menschen. Ghandi sagte, den Grad einer Zivilisation kann man daran erkennen, wie sie ihre Tiere behandelt. […]
MAUREEN BERGWING, Joshua Tree, Kalifornien
„Das überschreitet den menschlichen Anstand“, und ganz besonders den „deutschen Anstand“. Ja, da sind die „guten Deutschen“ wieder aufgebracht, da ist das Verständnis und das Mitgefühl groß, ach was sind sie auf einmal alle „menschlich“. Da können sie sich aufregen, wie man solche Vergleiche bringen kann. So viel Konfrontation mit der Wirklichkeit, das war schon immer zu viel, da schaut man auch lieber wieder weg, was können die Deutschen besser. Es hat sich nichts geändert in diesem Land. […] Mittelmaß und Feigheit bestimmen die Zeit. KATHARINA SACKMANN, Köln
Die Plakate der Organisation Peta sind empörend, weil die Opfer des wohl schrecklichsten Verbrechens mit Nutztieren gleichgesetzt werden. Für schlimmer und auch gefährlicher an diesen Plakaten halte ich aber, dass die Verantwortlichen für das Halten und Töten von Tieren, also alle Fleischesser, mit den Verantwortlichen des Holocaust gleichgesetzt werden, von denen ja einige gehenkt wurden, zu Recht, wie heute wohl selbst die meisten Deutschen finden.
[…] Peta will offensichtlich nicht mit Argumenten verbesserte Lebensbedingungen für Schlachtvieh und Legehennen erreichen, sondern bezeichnet Menschen, die die in unserer Kultur bisher noch nie angezweifelte Tradition des Fleischessens beibehalten wollen als Kinderschlächter und Nazis. Peta sagt den eigenen Anhängern, dass sie etwas Besseres seien, sich anderen moralisch überlegen fühlen dürfen, sie richten und letztlich hinrichten dürfen. […] Es ist gefährlich, wenn wir uns so frei fühlen, elementare Bestandteile unserer Kultur abzulehnen und mit Hass zu bekämpfen. Unsere Geschichte zeigt, wie der Hass in Mord enden kann. Ich hoffe, dass wir für die Zukunft daraus lernen. Die beanstandeten Plakate überschreiten die Grenze der Kritik zum Schüren von Hass. UWE VON LAMPE, Berlin
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