piwik no script img

Tiere im ZooSoo süß und soo gequält

Der Zoo am Meer in Bremerhaven hat seit Freitag eine weitere Eisbärin. Tierschützer kritisieren: Das ist Quälerei. Denn Zoo-Gehege sind für Eisbären viel zu klein.

Eisbär Lloyd mit einer Eistorte: Ihn im Zoo zu halten sei Quälerei, sagen Tierschützer. Bild: dpa

Ein kleines süßes Eisbären-Baby, „Knut“ oder „Flocke“ oder so ähnlich, könnte es bald in Bremerhaven geben. Denn die Eisbärin Valeska ist vergangenen Freitag im Zoo am Meer eingetroffen. Mit dem zwölfjährigen Bären Lloyd soll sie für Nachwuchs sorgen.

Das freut die einen. Und entsetzt die anderen. Der Neuzugang sei „schrecklich“, sagt der Bremer Tierschutzverein. Seit Jahren fordert er, die Haltung von Eisbären im Zoo am Meer zu beenden. Gerade Eisbären hätten in Freiheit einen weiten Lebensraum, sie seien Einzelgänger. Die Haltung in Zoos führe bei den meisten Tiere zu Verhaltensstörungen, sagt auch die Tierrechtsgruppe Peta, deren Dokumentations-Videos unter anderem im Zoo am Meer aufgenommen wurden.

Die Bären auf den Aufnahmen wandern immer wieder ein paar Meter vor und zurück, schwingen den Kopf monoton von einer Seite zur anderen – „Stereotypien, gestörtes Verhalten“, sagt Edmund Haferbeck von Peta. 2006 war die Eisbärin Senja nach Bremerhaven geholt worden, um Nachwuchs zu züchten. Eisbär Lloyd aber hatte sie stattdessen totgebissen. Das Bremerhavener Eisbär-Gehege ist dabei verglichen mit anderen Zoos mit 1.200 Quadratmetern Land und 400 Quadratmetern Wasserfläche für drei Tiere noch relativ groß. Eine artgerechte Haltung aber sei auch auf einer zehnmal größeren Fläche nicht möglich, so Haferbeck. „Eisbären sind die größten Landraubtiere der Welt, sie wandern bis zu 100 Kilometer am Tag.“ Die Schweiz ließ daher die Eisbärenhaltung auslaufen.

Auch der Deutsche Tierschutzbund verweist auf die durchschnittliche Reviergröße von 149.000 Quadrat-Kilometern und sieht Zuchtversuche wie in Bremerhaven besonders kritisch. Es herrsche eine hohe Jungtier-Sterblichkeit, viele Jungtiere würden nach der Geburt verstoßen.

Nach Auskunft unabhängiger Forscher kann man Eisbären überhaupt nicht artgerecht in Gefangenschaft halten. „Tierquälerei“, nennt Gaby Schwab vom Bremer Tierschutzverein die Eisbärenhaltung. Klagen aber wird der Verein nicht. Tierschutzmaßstäbe seien nicht ohne weiteres auch die Maßstäbe des geltenden Rechts, so Schwab.

Für die Haltung von Eisbären wird in Deutschland ein Gutachten aus dem Jahr 1996 zu Grunde gelegt. 200 Quadratmeter für ein Paar werden da als Maß angegeben, und sechs für einen Stall. Das Gutachten wird derzeit überarbeitet. Auch die Bremerhavener Zoodirektorin Heike Kück hält diese Maßstäbe für überholt. Für ihren Zoo aber sieht sie kein Problem. „Den Tieren geht es bestens.“ Es gehe vor allem um eine ideologische Auseinandersetzung. Das Totbeißen von Jungtieren und bei der Paarung, all dies zeigten die Tiere auch in freier Wildbahn, „dort wird es nur nicht dokumentiert“. Die großen Wanderungen würden die Tiere unternehmen, um Nahrung zu suchen und ohnehin: „Auch die Natur kennt keine grenzenlose Freiheit“, so Kück.

Der mögliche Nachwuchs würde übrigens nicht in Bremerhaven bleiben, sondern der „Arterhaltung“ dienen – in anderen Zoos. Für Peta-Sprecher Haferbeck ist dieses Argument deshalb völlig absurd: „Wenn ich Eisbären erhalten will, muss ich ihren Lebensraum schützen.“ Und das heißt: den Klimawandel aufhalten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • M
    mike

    Ein Verbot unterstütze ich voll und ganz. Die Zoohaltung von Eisbären - wie auch von Delfinen, und Menschenaffen wie Gorilla, Orang-Utan und Schimpanse - ist abzulehnen.

     

    Eisbären legen beim Jagen in der freien Natur weite Strecken zurück. Im Zoo ist es ihnen unmöglich ihren Bewegungsdrang auszuleben. Zudem sind sie Einzelgänger. Die ständige Beobachtung der Zoobesucher und der enge Kontakt mit Artgenossen macht dies unmöglich und kann zu Verhaltensstörungen und Krankheiten führen.

  • J
    jamoulus

    Ich will nicht, dass meine Kinder Tiere im Zoo kennenlernen. Niemals habe ich einen Zoo freiwillig besucht. Als Kind konnte ich mich dieser Schulveranstaltung nicht erwehren und fand allenfalls das Eis toll. Alles andere schrecklich. Gestunken und eingesperrte Affen, Schlangen, Giraffen, Elefanten. Wie pervers ist das denn?

     

    Ich weiß gar nicht was so gegen PETA geschossen wird. Wo sie Recht haben...

     

    Zoo ist überflüssig. Hier und Weltweit. Wie Delfinarien und Vogelparks. Diese Gehege lösen in der Tat nichts und schaffen nur Leid. Wenn ich hier manchen Kommentar lese, wie und warum denn Eisbären soviel laufen und warum die Eisbärin bei dem Versuch des Deckens verstarb, dann frag ich mich, ob die Schreiber ihre Texte tatsächlich verstehen. Oder einfach nur mal blubbern und gar nicht bemerken, dass sich bei ihre Argumentation die Katze in den Schwanz beisst. Um mal bei den Tieren zu bleiben...

     

    Servus.

  • KW
    Karina Wenkers

    Ich finde es schade, das es immer wieder solche Diskussionen gibt.

    Wenn es nach den "Tierschützern" geht dürfte es dann überhaupt keine Zoos mehr geben.

    Gleichzeitig sollen aber die Kinder solche Tiere kennenlernen um sie in der Natur zu schützen lernen. U.a. durch Spenden.

    Sicher wird es immer wieder Vorfälle geben, wo der Nachwuchs verstoßen wird, aber das ist in freier Wildbahn auch nicht anders.

    Und viele Tierschützer sollten doch mal bitte anfangen vor der eigenen Haustür zu kehren. Bestes Beispiel welches ich persönlich erlebt habe: jemand, der sich als Tierschützer bezeichnet, eine Art Tierasyl baut für ausländische Hunde und groß rumtönt das diese Tiere ein artgerechtes zuhause benötigen. Tja und bei der Frage nach dem Futter hieß es dann, da ist man auf Spenden angewiesen. Sorry. Aber auch artgerechtes Tierfutter gehört dann ebenfalls dazu!

  • C
    ChristianHeidt

    Schlaue Sprüche von Peta und ihren angeblich fachkundigen Zooexperten. Dieser Quadratmeter-Fetischismus bei der Beurteilung von Zootiergehegen ist inzwischen unerträglich. Immer der gleiche "Gesang" der Tierschutzfront. Wer nur hergeht und große Gehege als gute und kleine Anlage als schlechte einstuft, der hat einfach nicht verstanden, dass in der Tiergärtnerei andere Regeln gelten. Die Lebensbedingungen von Zootieren, auch von Eisbären, sind eben in der Menschenobhut anders als in der Natur. Warum haben die Eisbären einen so hohen "Bewegungsdrang"? Weil Sie in erster Linie auf Nahrungssuche sind und deshalb weite Gebiete durchstreifen.

     

    Wenn Peta für den Schutz der Polarregion ist und somit der Lebensraum der Eisbären gesichert werden soll, dann ist das ein ehrenwertes Anliegen. Anstatt nur Gelder zu sammeln, um Anti-Zoo-Kampagnen zu finanzieren, sollten die Tierrechtler das Geld lieber für den nachhaltigen Schutz der Polarregionen stiften.

     

    Der Zoo Bremerhaven hat für seine Eisbären gute Haltungsbedingungen und daran ist auch nichts zu kritisieren. Von daher sind die Vorhaltungen von Peta u. a. wie immer kontraproduktiv!

  • F
    FMH

    Liebe taz,

    kommt ihr nicht ein einziges Mal bei einem Artikel über Tierschutz ohne irgendwelche Propaganda der PeTA-Sekte aus? Wie wäre es einmal stattdessen Tierschützer zu befragen?

    Danke!

  • PP
    Paule Panther

    Der Bremer Tierschutzverein sollte erst einmal seinen eigenen Verein in Ordnung schaffen, denn wie sonst ist es zu erklären das fast alle Katzen im Tierheim noch in Quarantäne stecken und damit nicht artgerecht untergebracht werden So ein Tierschutzverein will den Lesern erklären was artgerechte Unterbringung von Tieren ist? Frau Schwab soll mit Vorwürfen wegen Tierquälerei sehr vorsichtig sein, denn sonst müsste man mal fragen, ob die Tierhaltung nicht Tierquälerei ist.. Natürlich will Frau Schwab nicht klagen, denn es gibt überhaupt keine Rechtsgrundlage für eine Klage, aber so eine nichtssagende Aussage macht sich gut in der Presse.

     

    Natürlich haben Eisbären einen weiten Lebensraum in der Wildnis. Den brauchen sie auch, denn sonst bekämen sie kein Futter und würden verhungern. In den Zoos ist das anders, hier brauchen sie nicht kilometerweit zu laufen um an Futter zu kommen, hier wird es serviert. Das mag zwar nicht artgerecht sein, es ist aber tiergerecht. Ja, PETA hat ein Video in Bremerhaven gedreht. Nachmittags gegen 15:30 Uhr. Um diese Zeit wartet Lloyd auf seinen Pfleger und die Schaufütterung. Wäre das Video um 15:50 Uhr gedreht worden, dann hätte man Lloyd im Wasser sehen können. Wäre das Video um 12:00 Uhr gedreht worden, dann hätte Lloyd geschlafen.

     

    Ich spreche PETA die Qualifikation ab bei diesen Bären eine Verhaltensstörung zu erkennen, denn der Videofilmer hatte nicht die nötigen Kenntnisse von Eisbären und nicht die nötige Zeit. An einem Tag Beobachtungszeit kann man keine Verhaltensstörung erkennen. Auch die Aussage, dass Lloyd seine Bärin totgebissen hat ist falsch. Selbst wenn diese Version immer wieder wiederholt wird bleibt sie falsch.

     

    Für den Frontmann von PETA Dr. Haferbeck ist jegliche Haltung von Tieren in Menschenhand nicht artgerecht, deshalb will er und seine PETA ja die Tierhaltung in Menschenhand abschaffen. Die Behauptung, dass die Schweitzer Zoos die Eisbärenhaltung aufgegeben haben, weil diese nicht artgerecht gehalten wurde, ist ebenfalls falsch. Die beiden Zoos hatten lediglich kein Geld für neue Gehege, deshalb hat man sich auf andere Tiere konzentriert.

     

    In einem muss ich Herrn Haferbeck Recht geben. Den Lebensraum der Eisbären muss man schützen. Nicht nur den der Eisbären, sondern aller bedrohten Tiere. Richtig, dafür muss man den Klimawandel aufhalten. Was tut PETA dafür? Welches Geld steckt PETA in Tierheime, Gnadenhöfe, Artenschutz oder Klimawandel??? NULL. PETA tötet in Amerika lieber die anvertrauten Tiere anstatt ihnen einen angemessenen Lebensabend zu verschaffen. 27000 Tiere ermordet in den letzten Jahren, dass sind über 90% der anvertrauten Tiere.

     

    Um bei Artenschutz, Tierquälerei mitreden zu können, sollte der Bremer Tierschutzverein und PETA erstmal selbst mit sich und ihren Zielen ins Reine kommen.

  • UJ
    Ulli J

    Zuerst einmal, um die Fakten gerade zurücken. Auch wenn es in der BILD Zeitung gestanden hat, Lloyd hat Senja nicht „tot gebissen“. Senja ist an einem Herzanfall gestorben, als Lloyd sie im Gang, der zu den Innengehegen führt, decken wollte. Zugegeben, er ist dabei recht ungestüm vorgegangen. Er ist eben ein Eisbär und kein Gentleman. Senja war eine Handaufzucht und mehr an Menschen als an Eisbären gewöhnt und hat nicht so reagiert, wie eine Eisbärin in so einem Fall reagieren würde. Das war ein bedauerlicher Unfall.

     

    Ich war gerade erst im Zoo am Meer und habe den Eisbären einen ganzen Zootag zugesehen und wie bei einigen anderen Besuchen auch kein ungewöhnliches Verhalten beobachten können. Lloyd und Ira sind zu unterschiedlichen Zeiten über die im Vergleich zu anderen Zoos recht große Eisbärenanlage gelaufen, haben das Futter, das ihre Tierpfleger morgens dort verstreut haben, gesucht und gefressen, haben geschlafen. Vor der Fütterung am Nachmittag läuft vor allem Lloyd auf der Anlage hin- und her. Das ist keine Stereotypie, sondern Appetenzverhalten. Nach der Fütterung hört er damit auf. Da er im Wasser gefüttert wird, trocknet er danach sein Fell, in dem er sich an einem Baumstamm schubbert und sucht sich meist danach wieder einen Platz zum Ausruhen.

     

    In der Schweiz hat man die Eisbärenhaltung nicht aufgegeben, weil man glaubt, dass man den Tieren keine ausreichende großen Gehege zur Verfügung stellen kann, sondern weil den Zoos in der Schweiz, die finanziellen Anforderungen für moderne Anlagen, die den Eisbären gerecht werden, zu hoch waren. Der Zolli in Basel z.B. verfügt nur über eine kleine Grundfläche und die Haltung von Eisbären hätte den Verzicht auf andere Tierarten bedeutet, deshalb gibt es dort heute keine Eisbären mehr.

     

    Ich finde es sehr bedauerlich, dass die deutschen Tierschutzvereine stets gegen die Zoos argumentieren und dabei kritiklos Argumente von Tierrechtsorganisationen wie PETA übernehmen, die oft die Tatsachen sehr einseitig interpretieren. Sie sollten sich ein Beispiel am Schweizer Tierschutzverein nehmen, der mit den Zoos zusammenarbeitet und oft lobend erwähnt, wenn Zoos und Tierparks ihre Anlagen zum Wohl der Tiere verbessern, aber sie auch auffordert schlechte Anlagen zu modernisieren, ohne stets gleich die Beendigung der Haltung einer Tierart zu forden, die viele Zoobesucher mit großer Freude im Zoo beobachten.

  • SK
    Stefan Körner

    Schade, daßelbst die TAZ auf die Tierschutz-Propaganda herainfällt. Bei Eisbären von "Reviergröße" zu reden zeigt schon, daß da jemand keine Ahnung hat. Eisbären haben keine Reviere und das Streifgebiet ist schon deswegen riesig, weil die Tiere mit dem Eis rund um den Nordpol verdriftet werden. So legen sie selbst in der Winterruhe hunderte Kilometer zurück, ohne eine Pfote zu bewegen.

    Natürlich ist auch bei der Zoohaltung immer etwas zu verbessern (wobei Bremerhaven weder das älteste noch das schlechste Gehege hat, im Gegenteil). Aber einfach so pauschal und mit falschen Fakten draufzuschlagen ist für die Tierschützer schon peinlich. Offenbar geht es mehr darum, viel Aufregung für viel Spendeneinnahmen zu produzieren und weniger um konstruktive Arbeit zum Wohl der Tiere.