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Tiefschürfende Auseinandersetzung

■ betr.: „Kauft keine Atomkraft werke“, Kommentar, taz vom 11.3.1994

Schon seit den ersten Vorbereitungen sind wir recht maßgeblich an der Boykott-Kampagne gegen Siemens beteiligt. [...] Offengestanden hätte ich eine etwas tiefschürfendere Auseinandersetzung mit dem Boykott-Konzept hilfreicher gefunden. Denn auch uns ist durchaus bewußt, wie begrenzt der Ansatz einer solchen reformistischen Kampagne ist. Einige Gruppen und Organisationen beteiligen sich zum Beispiel nicht am Boykott, weil sie meinen, eine Energie- Multi wie Siemens müsse grundsätzlich in Frage gestellt werden, denn auch ohne Atomkraft sei mit ihm keine sinnvolle Energiepolitik zu machen.

[...] Davon unabhängig möchte ich auf zwei wesentliche juristische Vorbedingungen für einen Boykott hinweisen: Der Aufruf zu einem ethisch motivierten Verbraucherboykott ist in Deutschland zulässig solange

-der Aufgerufene nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Aufrufenden steht (Arzt/Patient oder Lehrer/Schüler z.B.) und

-der Aufrufende keine Empfehlungen für Produkte von Konkurrenten des Boykottierten abgibt.

Das Produktverzeichnis mit Einkaufsalternativen, das in dem Komentar angemahnt wird, dürfen wir also nicht veröffentlichen, um uns nicht juristisch angreifbar zu machen!

Obwohl wir alle am Boykott Beteiligten stets auf die beiden Einschränkungen hingewiesen haben, haben wir nun die Befürchtung, irgendwo in der Replik könnte sich ein wohlmeinender Unterstützer an einer Positiv-Produktliste versuchen und sie veröffentlichen. Mit großer Wahrscheinlichkeit würde ihm das eine Klage von Siemens einbringen. [...] Henry Mathews, Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre, Köln

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