Ticker Libyen am Dienstag: Gaddafi gegen die Nato

Trotz neuer Angriffe der internationalen Streitmacht auf Tripolis gibt sich Libyens Staatschef Gaddafi siegessicher. Er verspricht einen langen Kriegsverlauf. Kritik an Westerwelle wächst.

Die Awacs-Aufklärungsflugzeuge im Mittelmeerraum fliegen jetzt ohne deutsche Soldaten. Bild: dpa

Lesen Sie hier eine Zusammenfassung der aktuellen Ereignisse in Libyen.

6.41 Uhr: Auch CDUler kritisieren Westerwelle

Auch aus der Union kommen zunehmend Einwände gegen die Haltung der Bundesregierung im Libyen-Konflikt. "Dass wir am Ende gegen fast alle EU-Staaten und die USA stehen, das hat es noch nicht gegeben", sagte CDU-Vorstandsmitglied Armin Laschet. Zuvor hatte bereits der CDU-Europapolitiker Elmar Brok Außenminister Guido Westerwelle (FDP) eine diplomatische Fehlleistung vorgeworfen. Kritik kam auch vom ehemaligen NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer und vom früheren deutschen NATO-General Klaus Neumann. Dagegen verteidigte die Unions-Fraktion die Politik der Bundesregierung.

6.09 Uhr: Grüne und SPD wollen Flüchtlinge aufnehmen

Grüne und SPD plädieren dafür, als Soforthilfe mindestens 1000 Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte der integrationspolitische Sprecher der Grünen, Memet Kilic: "Es reicht nicht, wenn die Bundesregierung den Mut der Libyer lobt und Machthaber Gaddafi scharf verurteilt, sich ansonsten aber aus der Libyen-Krise heraushält."

Ähnlich äußerte sich der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy. "Die Bundesregierung kann nicht den Widerstand gegen diktatorische Regime begrüßen, sich aber einen schlanken Fuß machen, wenn Menschen dabei in Not geraten." Deutschland sei als einwohnerstärkstes Land in Europa bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Nordafrika besonders gefordert.

4.45 Uhr: Wieder schwere Explosionen

Die internationale Allianz gegen das Regime von Gaddafi hat ihre Angriffe auf die libysche Hauptstadt offensichtlich fortgesetzt. Wie ein Korrespondent des US-Senders CNN berichtet, sind in Tripolis wieder mehrere sehr schwere Explosionen zu hören. Allerdings habe es anschließend kein Luftabwehrfeuer der libyschen Truppen gegeben. Unklar ist auch, wo genau sich die Explosionen ereigneten.

4.33 Uhr: Westerwelle: Bisher schwierigste Entscheidung

Außenminister Guido Westerwelle sagt gegenüber der Passauer Neuen Presse, dass die deutsche Enthaltung im UN-Sicherheitsrat bei der Abstimmung zum Libyen-Einsatz seine bisher "schwierigste außenpolitische Entscheidung" gewesen sei. "Dass sie mir Kritik einbringen würde, wusste ich vorher", so der FDP-Politiker.

Er betonte zwar: "Gaddafi muss weg. Er hat jedes Recht verwirkt, für sein Volk zu sprechen." Gleichzeitig sagte Westerwelle aber: "Luftangriffe zu fliegen, während die Sanktionsmöglichkeiten noch nicht umfassend ausgeschöpft sind, halte ich allerdings für eine Widersprüchlichkeit, die dringend abgestellt werden muss. Wir müssen endlich konsequent ausschließen, dass weiterhin Öl- und Gasgeschäfte mit dem System Gaddafi stattfinden können."

Westerwelle betonte: "Deutschland ist wegen dieser Entscheidung nicht isoliert. Mehr als die Hälfte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union nimmt nicht an den Kampfmaßnahmen teil."

2.37 Uhr: Ischinger lobt deutschen Vorschlag

Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hat den deutschen Vorschlag eines Öl-Embargos gegen Libyen als "mutig" bezeichnet. Der Frankfurter Rundschau sagte er, "Libyen verfügt zwar über Bargeld, aber ohne neues Öl zu verkaufen steht das Regime schon bald vor dem Ruin. Der wirtschaftlich-finanzielle Druck wird immens werden." Der Sicherheitsexperte warnte aber auch vor möglichen Folgen wenn Gaddafi nach dem Militäreinsatz noch längerfristig an der Macht bleiben sollte: "Das würde der Westen moralisch und politisch kaum aushalten."

2.06 Uhr: Gaddafi plant offensichtlich Exil

Gaddafi prüft nach Angaben der US-Regierung angeblich bereits Möglichkeiten für eine Zukunft außer Landes. "Wir haben von Leuten aus seinem Umfeld gehört, die mit Menschen, die sie überall auf der Welt kennen, Kontakt aufnehmen", sagte US-Außenministerin Hillary Clinton. Dabei würden dann Fragen gestellt wie "Was machen wir? Wie kommen wir aus der Sache raus? Was passiert als nächstes?"

Zwar habe sie keine Informationen, dass Gaddafi selbst Kontakte aufgenommen habe, "aber ich weiß, dass Leute angeblich in seinem Namen die Fühler ausstrecken", sagte Clinton. Ein Teil davon sei sicher nur Theater. Dennoch glaube sie, dass Gaddafi die Optionen prüfen lässt, wohin er gehen könnte. "Und wir würden das unterstützen", sagte Clinton.

1.20 Uhr: AFP-Journalisten sind frei

Die beiden seit Samstag von der libyschen Armee festgehaltenen Journalisten der Nachrichtenagentur AFP sind in der Hauptstadt Tripolis freigelassen worden. Auch ihr Kollege der Bildagentur Getty sei wieder auf freiem Fuß.

0.31 Uhr: Gaddafi verspricht Sieg

Gaddafi gibt sich weiter siegessicher. Vor jubelnden Anhängern versprach er, die Angreifer zurückzuschlagen. "Wir werden nicht aufgeben. Wir lassen uns nicht terrorisieren. Wir werden sie auf jeden Fall besiegen, auf kurz oder lang", sagte Gaddafi. Er hielt die Rede in der am vergangenen Sonntag bei einem Luftangriff schwer beschädigten Kommandozentrale in Tripolis.

0.27 Uhr: Türkei vertritt US-Botschaft

Die türkische Regierung wird vorerst die diplomatischen Interessen der USA in Libyen vertreten. "Die Türkei hat zugestimmt, unsere Schutzmacht in Libyen zu sein. Und wir sind wirklich sehr dankbar, dass die Türkei diese Rolle akzeptiert hat", sagte Sprecher Mark Toner. Die USA hatten ihre Botschaft in Tripolis geschlossen, nachdem Gaddafi mit seinen Gewaltaktionen gegen die Rebellen in dem Land begonnen hatte. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte zudem gesagt, dass die USA ihre Verbindungen zur libyschen Botschaft in Washington gekappt haben.

23.59 Uhr: Gaddafi zeigt sich ungebrochen

Gaddafi zeigt sich trotz der Luftangriffe auf sein Land ungebrochen. "Wir werden nicht aufgeben", sagte er in einer im libyschen Staatsfernsehen übertragenen kurzen Ansprache. "Wir werden letztendlich siegen", gab er sich überzeugt. Libyen habe die beste Luftabwehr. Er fürchte den Sturm nicht und bleibe dort. Den an der Militäraktion beteiligten Staaten, die er als Faschisten bezeichnete, warf Gaddafi vor, mit den Angriffen die UN-Charta verletzt zu haben.

23.01 Uhr: Niederlande schickt Kampfjets

Die Niederlande wollen gegen Libyen sechs F-16-Kampfjets, ein Tankflugzeug sowie ein Minenräumboot entsenden. Ministerpräsident Mark Rutte sagte: Es sei auch vorstellbar, dass seine Regierung an der Einrichtung einer Flugverbotszone mitwirken würde, wenn die NATO Unterstützung von den Niederlanden anfordern würde, sagte Rutte.

22.37 Uhr: Ban mahnt Russland

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat Russland ermahnt, an der Umsetzung der Libyen-Resolution des UN-Sicherheitsrats mitzuwirken. Alle UN-Mitgliedsstaaten müssten sich an die Resolution halten und ihre Umsetzung ermöglichen, sagte Ban. Das gelte auch für die Länder, die sich bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat enthalten hätten. Ban reagierte mit seinen Äußerungen auf eine Frage über die wiederholte Kritik der russischen Regierung am militärischen Vorgehen in Libyen.

Zuvor hatte der russische Präsident Dmitri Medwedew bei einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Robert Gates die "wahllose Gewaltanwendung" der Militärallianz in Libyen bemängelt. Der russische Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow kritisierte gegenüber Gates die Tötung von Zivilisten durch die Militärallianz und sprach sich für eine sofortige Waffenruhe aus. Russland lehne die Art und Weise ab, wie die UN-Resolution umgesetzt werde.

22.36 Uhr: Deutsche Marine zieht sich zurück

Nach dem Beschluss der NATO zur Durchsetzung eines Waffenembargos gegen Libyen zieht Deutschland seine Streitkräfte aus der Mittelmeer-Region zurück. Wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mitteilte, betrifft dies sowohl die Seeeinheiten als auch die deutschen Soldaten an Bord von AWACS-Flugzeugen.

Bisher waren die Schiffe der Marine der NATO unterstellt, sie wurden wieder unter nationales Kommando genommen. Auch die rund 60 Soldaten im AWACS-Einsatz wurden den Angaben zufolge abgezogen. Sie waren bislang im Rahmen der Anti-Terror-Operation "Active Endeavour" aktiv.

21.39 Uhr: Gaddafi bietet erneut Waffenstillstand an

Die Regierung in Tripolis hat nach Angaben von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erneut einen Waffenstillstand angekündigt. Ban Ki Moon berichtete, der libysche Ministerpräsident Al Baghdadi Ali al-Mahmoudi habe ihn angerufen und darüber unterrichtet. Libyen hatte erst am Freitag, kurz nach der Verabschiedung der UN-Resolution zur Einrichtung einer Flugverbotszone eine sofortige Feuerpause angekündigt, die Angriffe aber fortgesetzt.

21.26 Uhr: Deutscher Fotograf in Händen von Gaddafi

Der Deutsch-Kolumbianer Roberto Schmidt und zwei weitere Fotografen befinden sich in den Händen der libyschen Streitkräfte. Das bestätigte Schmidts Arbeitgeber, die französische Nachrichtenagentur AFP. Dort hatte man seit Freitagabend nichts mehr von Schmidt gehört. Er hatte geplant, Rebellen zu treffen und mit Flüchtlingen zu sprechen. Am Samstag waren die Journalisten nach Aussagen eines Fahrers zwölf Kilometer vor der ostlibyschen Stadt Adschabija von Soldaten festgenommen worden.

21 Uhr: Rumänien beteiligt sich mit Fregatte

Nato-Mitglied Rumänien schickt eine Fregatte ins Mittelmeer, die bei der Überwachung des Waffenembargos gegen Libyen helfen soll. Das sagte Staatspräsident Traian Basescu. Die Entsendung der Fregatte "König Ferdinand" mit 205 Soldaten an Bord geschehe auf Antrag der Nato. Die rumänische Fregatte wird voraussichtlich drei Monate lang Schiffe im Mittelmeer auf einen Verstoß gegen das von den UN verhängte Waffenembargo kontrollieren.

20.59 Uhr: Regierung weitet Afghanistan-Einsatz aus

Das Bundeskabinett will am Mittwoch eine Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr beschließen. Bis zu 300 Soldaten sollen sich zunächst für zehn Monate an Aufklärungsflügen mit Awacs-Maschinen der Nato beteiligen. Damit will die Regierung Bündnispartner für den Libyen-Einsatz entlasten. Am Nachmittag will der Bundestag erstmals über den Mandatstext beraten, die Abstimmung ist für Freitag geplant. Derzeit sind rund 5.000 Bundeswehrsoldaten am Hindukusch stationiert.

20.52 Uhr: USA sanktioniert 14 libysche Unternehmen

Das US-Finanzministerium hat 14 libysche Unternehmen mit Sanktionen belegt. Die Firmen stünden unter Kontrolle der staatlichen libyschen Ölgesellschaft NOC und fielen damit unter das Embargo, das US-Präsident Barack Obama Ende Februar per Erlass verhängt hatte, teilte das Ministerium in Washington mit. Damit ist es Bürgern und Unternehmen in den USA verboten, Geschäfte mit diesen Unternehmen zu machen.

Die libysche Ölgesellschaft NOC sei "eine der wichtigsten Einnahmequellen des Gaddafi-Regimes", erklärte Ministeriumsmitarbeiter Adam Szubin. Obama hatte per Erlass das Vermögen der Familie von Gaddafi, des libyschen Staats und anderer hoher Amtsträger in den USA eingefroren.

20.28 Uhr: Vatikan kritisiert Frankreich

Der Vatikan hat Frankreich wegen der "übereilt" in Gang gesetzten Militäroperation gegen Libyen kritisiert. In der Dienstagsausgabe der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" wird unter dem Titel "Die Koalition der Menschen guten Willens wackelt" kritisch angemerkt, dass Paris sich nicht mit verbündeten Ländern koordiniert habe. Es sei zu beachten, dass die Arabische Liga ihre Meinung zu dem militärischen Vorgehen geändert habe und dass Großbritannien, Belgien und Italien eine Militäraktion unter Kommando der NATO wünschten.

20.16 Uhr: Nato übernimmt Führung beim Militäreinsatz

Die USA, Frankreich und Großbritannien haben sich nach Angaben des Weißen Hauses auf eine Führungsrolle der NATO beim Militäreinsatz in Libyen verständigt. US-Präsident Barack Obama habe hierzu am Dienstag Telefongespräche mit dem französischen Staatschef Nicolas Sarkozy und dem britischen Premierminister David Cameron geführt, sagte ein Sprecher Obamas.

19.47 Uhr: Russland bietet sich als Vermittler an

Russland hat sich als Vermittler angeboten. Moskau stehe für den Versuch bereit, den Streit möglichst friedlich beizulegen, sagte Kremlchef Dmitri Medwedew bei einem Treffen mit US-Verteidigungsminister Robert Gates. Ein militärisches Engagement seines Landes habe der Präsident erneut ausgeschlossen, teilte der Kreml auf seiner Internetseite mit. Gates kündigte eine baldige Reduzierung der Luftangriffe in Libyen an. Zuvor hatte Russlands Verteidigungsminister Anatoli Serdjukow bei einem Treffen mit seinem US-Kollegen ein Ende der Luftschläge auf zivile Ziele in dem nordafrikanischen Land gefordert.

19.33 Uhr: Mindestens ein Jahr kein libysches Öl

Libyen wird nach Ansicht von Experten für mindestens ein Jahr kein Öl mehr exportieren können. Im Falle schwerwiegender Schäden durch die Luftangriffe der westlichen Alliierten oder Sabotage durch Gaddafi könnten die Ausfuhren sogar für mehrere Jahre ausfallen, sagten Analysten und Fondsmanager. Die Ausfälle könnten den Ölpreis weiter in die Höhe treiben, weil die globale Nachfrage voraussichtlich noch in diesem Jahr einen Rekordstand erreichen wird.

19.11 Uhr: Westen schützt mehr Rebellen als Zivilisten

Der libysche Vize-Außenminister wirft dem Westen vor, mehr an einer Unterstützung der Rebellen als an einem Schutz von Zivilisten interessiert zu sein. Es sei offensichtlich, dass die Koalition versuche, Gaddafi zu töten. Benötigt werde ein allgemeiner Waffenstillstand.

18.56 Uhr: US-Mehrheit unterstützt Libyen-Einsatz

Nach zwei US-Umfragen unterstützt mindestens die Hälfte der Amerikaner den von Präsident Barack Obama angeordneten Militäreinsatz. Im Kongress wird ihm wahlweise vorgeworfen, zu wenig oder zu viel zu unternehmen.

17.23 Uhr: Gaddafi-Truppen greifen weiter Zivilisten an

Die libysche Regierung erfüllt nach Angaben der USA weiter nicht die Auflagen der UN-Resolution, die insbesondere Angriffe auf Zivilisten untersagt. Diese seien weiter im Gange, sagt US-Admiral Samuel Locklear.

Quellen: dpa, afp, dapd, rtr

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