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Thomas Mauch hört auf den Sound der Stadt

Jetzt ist es mal wieder Zeit, um nach Halberstadt zu schalten, weil da musikalisch immer was passiert: in der Burchardikirche dort wird nämlich gerade was von John Cage aufgeführt. Das macht man übrigens immerhin bereits seit 2001, und dauern soll das Stücklein bis ins Jahr 2640, bis dieses „Organ2/ASLSP“ auch wirklich durchgespielt ist. Wobei Cages Spielanleitung ASLSP – as slow as possible – doch einigermaßen streng ausgelegt wird in Halberstadt.

Auf der Projektseite www.aslsp.org lässt sich hören, wie der aktuelle Stand der Dinge klingt. Und wie sich das Werk im Gesamten hört, kann man am Samstag­nachmittag im Konzerthaus bei der Orgelstunde erleben, wo es Christoph Bossert tatsächlich schaffen will, das „As slow as possible“-Stück von Cage in einem etwas über einstündigen Programm – zu dem noch was von Bach, Schubert und Reger beigepackt ist – zu spielen (Gendarmenmarkt, 15.30 Uhr, 14 €).

Die Extremmusikveranstaltung in Halberstadt aber kann man gut als Grundton hernehmen für ein paar prinzipielle Meditationen über Aufführungspraxen und überhaupt alle Fragen von Zeitlichkeit. Wie man zum Beispiel wohl in 500 Jahren zum Postpunk stehen wird und seine Geschichtlichkeit? Aktuell jedenfalls kann man mit so einem Rückgriff in die gut sortierte Plattensammlung der Popgeschichte kaum was falsch machen. Und die dunkelgraue und nebelverhangene Musik von Holygram aus Köln macht tatsächlich genau den Spaß, den man eben bei einem Treffen von New Order mit Neu! haben kann. Ein Postpunk-Krautrock-Crossover, am Samstag im Urban Spree (Revaler Str. 99, 20 Uhr, 18 €).

Am Mittwoch hat man im Urban Spree dann mit den Murlocs eine Band aus Australien, die haufenweise buntklamottige und leicht psychedelisch angehauchte Pop-Stampferchen kennt, die in den frühen Siebzigern unbedingt ihre Chance gehabt hätten (Revaler Str. 99, 21 Uhr, 16 €), während im Privatclub The Velveteins, ein Trio aus Kanada, sogar noch ein bisserl lässiger mit den Versatzstücken der Popgeschichte jonglieren. Ganz entspannt vom Sofa aus machen die das, was dann in dieser verblasenen, hinterhältigen Art wirklich rockt (Skalitzer Str. 85-86, 20 Uhr, 16 €). Und im Monarch zeigen – immer noch Mittwoch – die Death Valley Girls, dass man mit guten Gründen an den straffen Garagenrock, Led Zeppelin und das „Exile on Main Street“-Album der Stones glauben kann, und das sogar mit einem T.-Rex-Zungenschlag (Skalitzer Str. 134, 20 Uhr, 14 €).

Den nächsten Klangwechsel in Halberstadt gibt es übrigens am 5. September 2020.

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