piwik no script img

Thierry Philipponnat über die Finanzkrise„Die Banken profitieren enorm“

Das Hauptproblem des Euro ist das absurde Verhältnis zwischen Banken und Staaten in der Eurozone, sagt Thierry Philipponnat von Finance Watch.

Der Euro ist noch keine richtige Währung, meint der Finanzexperte. Bild: reuters
Eric Bonse
Interview von Eric Bonse

taz: Herr Philipponnat, welche Rolle spielen die Banken in der europäischen Schuldenkrise, sind sie die großen Bösewichte, als die man sie oft darstellt?

Thierry Philipponnat: Nein, das ist doch ein wenig komplizierter. Die Finanzkrise nach dem Zusammenbruch der Lehman Brothers in den USA im Jahr 2008 hat viele europäische Banken in eine Schieflage gebracht, sie mussten deshalb von den Staaten gerettet werden. Außerdem hat die EU angefangen, den Finanzsektor zu reformieren. Doch letztlich hat man nur 5 Prozent von dem, was nötig gewesen wäre, umgesetzt, danach begann schon die Schuldenkrise.

Wurde die Schuldenkrise von den Banken mitverursacht?

Nein, sie sind nicht die Hauptschuldigen, denn viele Banken sind selbst geschwächt. Das Hauptproblem ist das absurde Verhältnis zwischen den Banken und den Staaten in der Eurozone.

Können Sie das erläutern?

Nun, die Banken finanzieren die Staaten, indem sie Staatsanleihen kaufen. Gleichzeitig zählen die Banken aber auf die Staaten, wenn sie Probleme haben und gerettet werden müssen. Dies ist ein Teufelskreis, wie man gerade in Spanien sieht. Zu Beginn dieses Jahres wurde dieser Teufelskreis sogar noch beschleunigt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Banken eine Billion Euro zur Verfügung gestellt, damit sie weitere Staatsanleihen kaufen können.

Thierry Philipponnat

ist Generalsekretär von Finance Watch. Die Organisation mit Sitz in Brüssel arbeitet zu Finanzmärkten und ihrer Regulierung.

Das hat die Eurokrise doch eine Zeit lang gelindert. Was war daran schlecht?

Das ist wie ein Aufputschmittel: Das hilft kurz, verschlimmert aber die Abhängigkeit. Dabei profitieren die Banken enorm, doch die Staaten haben hinterher noch größere Probleme.

Diesen Teufelskreis will die EU mit einer Bankenunion durchbrechen. Halten Sie das für einen guten Plan?

Die Idee ist erst einmal sehr interessant. Eine Bankenunion ist letztlich nichts anderes als eine Form der Fiskalunion. Letztlich macht eine Bankenunion nur Sinn, wenn man auf die Struktur der Banken Einfluss hat und das riskante Investmentbanking einschränken kann! Und dann stellt sich die Frage, ob Deutschland bereit ist, die spanischen Banken zu retten. Ich habe da Zweifel …

Warum?

Nun, eines der Grundprobleme in der aktuellen Krise ist, dass die Banken sich hinter ihrem jeweiligen Land verschanzen. Die finanzielle Integration, die wir einmal in der Eurozone hatten, ist im Begriff zu verschwinden. Das führt unter anderem dazu, dass ein Euro nicht mehr überall gleich ist. Ein deutscher Euro ist nicht mehr wie ein spanischer Euro, wie es einmal geplant war. Ein Euro ist nur noch so viel wert wie der Staat, der dahinter steht.

Woran liegt das, wir haben doch eine gemeinsame Zentralbank?

Nun, der Euro ist keine vollständige Währung. Der EZB fehlt die Möglichkeit, die Staatsschulden zu monetarisieren, also in Geld zu verwandeln – dabei ist das entscheidend für jede Währung. Großbritannien und Spanien haben vergleichbare hohe Staatsschulden, beide haben große Probleme mit ihren Banken. Doch die Renditen für Staatsanleihen liegen in London bei 1,5 Prozent, in Madrid zwischen 6 und 7 Prozent. Das liegt nicht etwa daran, dass die Spanier dümmer wären, sondern einzig und allein daran, dass der Euro noch immer keine vollständige Währung ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • W
    werner

    @bankenunion:

     

    Was zum Geier sind bitte etablierte Wähler?

     

    Geld nur zu Hause bunkern bringt nix: Wie krieg ich denn heutzutage meinen Lohn als Bargeld? Spätestens wenn das Finanzamt ins Spiel kommt, muss man ein Konto haben. So wird das nix.

  • DR
    Dr. rer. Nat. Harad Wenk

    Schilda läßt grüßen, weiß der historisch und gewitzte "Staats"bürger. Der "Amstschimmel"!!!

    Der wird sozusagen am hellichten Tager völlig durch Feldund Wald getrieben. Selbstverständlich reagiert der "Amtsschimmel§" auf sein "Vorgeführtwerden" seitens der Banken im Finanzwesen mit ungeheurer Repression, Brutalität, Unterdrückung und "Kürzungen" aller Art für den Teilder Brvölkerung, über den die ungehuere Staatsmacht unbeschränkt waltet - der Bürger.

    Schilda steht dafüt, dass schließlich auch der Bürger völlig jeden Realitätssinn durch diese Staatsverdummung verliert.

     

    Der Besitzenden scheffeln mit dem Staat Geld und lassen den Rest von demselben unterdrücken und für sich arbeiten. Das gibt die rechten Parlamtentsmehrheiten.

     

     

    Die staatseigenen Banken werden auch noch aufgelöst bzw. privatisiert.

     

     

    Der Staat sollte mit Geldschöpfung, aus der Druckerpresse den Banken "Kredite" geben, Zu "Kosten" für diese. Aber in den Regierungen sitzen eben duiie Repräsentanten der Leute, die Geld mit dem Staat verdienenn. Eben rechte Parlamenstmehrheiten, erweitert um die meisten Ökologen und Soziasdemokarten. Und außerdem können sie sich das Geld auch im Ausland holen. Zum Beispiel in den USA für zeitweise den Zinssatz von: 0 %!!!.

     

     

    Solche sicheren Gewinne sausen zu lassen, ist wirklich von Bankern etwas zuviel verlangt, das muss man auch sehen.

     

    In der Therorie ist Geld "Mitel zum Zweck" (Funktionlsimus des Geldes". Dass iat in den Geestzgebungen und Verfassungen "eigentlich" durch die Macvhtfülle des Staatews auch rechtlich versucht.

     

    Real sind wir längst alle Zauberlehrlinge der Geldwirtschaft, des "Profitzswanges" (das Geld muss mehr Geld bringen), historisch aktuell konkretisiert als dominanter Finanzweltkapitalismus auf neo- und postkolonoaler Basis.

  • P
    popper

    Glaubt Herr Philipponnat wirklich, dass ihm dieser Insider-Unsinn geglaubt wird. Natürlich haben die Banken die Staatsverschuldungen verursacht. Dabei geht es um die Höhe der Verschuldung, nicht um das Schuldenmachen an sich. Die Staatshaushalte Spaniens, Portugals und Irlands waren überhaupt nicht verschuldet. Dass die "taz" einem solchen Märchenerzähler eine Plattform bietet, seine Plattitüden los zu werden, ist tragisch.

  • B
    Bankenunion

    Ich empfehle den Sparstrumpf. Bei einem europ. Einlagensicherungsfonds würde ich als dt. Sparer für die Sparvermögen Südeuropas haften.

     

    Ich denke wir sollten das Geld wieder in Bar zu Hause bunkern.

     

    Leider verstehen etablierten Wähler das nicht.

     

    Ich möchte lieber den alten Sparkassenfonds behalten. Aber das geht wegen der neuen Weltordnung nicht.

     

    Schade finde ich auch, dass wir Bürger die Macht hätten das System zu stürzen, aber wir es nicht tun.

     

    Würden wir alle unser Geld abheben, dann wäre es endlich zu Ende.

     

    Naja, die Reichen und Schlauen haben ihr Vermögen gesichert. Der Rest wird überrascht werden.

     

    Ein Gruß an alle die vorbereitet sind. Mein Beileid an alle die Banken, Politikern und Journalisten glauben.