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Themenläden und andere ClubsNicht ohne meine Hilti

Was von den Partys übrig blieb: Benny Beimer ist noch milchbubiger als im Fernsehen, und ein Taxifahrer namens Attila Banko hat eine Allergie gegen Lippenstifte von Chanel

Früher, da war ja alles anders und besser. Da hat man sich noch über jede Kiwi gefreut (man wusste bloß nicht, ob man die Haare mit essen konnte) und sowieso. Neulich habe ich guten, wirklich sehr, sehr guten Freunden beim Renovieren geholfen, was an sich schon etwas heißen will, denn Renovieren kommt gleich nach Umziehen, und das kommt, wie jeder weiß, gleich nach Abtreiben.

Jedenfalls standen die guten Freunde und ich so auf drei verschiedenen Leitern und zogen die ollen Tapeten von den viel zu hohen Wänden ab, und da kamen uralte Zeitungen zum Vorschein, an die vierzig Jahre alt, mit denen man damals die Wände aus Isolationsgründen beklebt hatte. Und da sagte einer der guten Freunde: „Jaja, früher, da hat man mit den Zeitungen noch richtig etwas Wertvolles angestellt nach dem Lesen ..., da war einem das Blatt Information, Wärme, Klopa- pier ...“

Darum möchte ich heute all die vielen, kaum zu zählenden Leser und Leserinnen auffordern: Wenn Sie diese Zeitung durchgelesen haben, bitte schmeißen Sie sie nicht weg. Machen Sie etwas Sinnvolles damit, basteln Sie aus der Berlin-Kultur den Kopf für eine kleine Handpuppe aus Pappmaché!

Stopfen Sie nass gewordene Schuhe mit dem Flimmern-und-Rauschen-Teil aus, und wickeln Sie das Tagesthema und die Wahrheit um die todschicken, echten Rotweinschwenker, die Sie Ihrem kulturbanausigen Freund gekauft haben, damit Sie den teuren, mitgebrachten Rotwein nicht immer aus kleinen, dicken, angeschlagenen Senfgläsern trinken müssen. Seien sie ruhig etwas etepetete! Gut.

Machen wir beim Rotwein weiter, eigentlich wollte ich nämlich etwas zum beliebten Thema Partys schreiben. Derer gab es wirklich viele in letzter Zeit, berlinalemäßig, und ich war so oft wie möglich dabei.

Denn bei diesen Partys, das haben Sie sich bestimmt schon gedacht, wird man, sobald man seinen Mantel an der Garderobe abgegeben hat, mit dem Rücken an die Wand gestellt und festgeschnallt, und dann kippen einem freundliche Menschen teure Getränke in den Rachen. Bis man nicht mehr kann. Herrlich! Ständig flanieren Fernsehschauspieler vorbei und sind allesamt kleiner und faltiger als gedacht, nur Benny Beimer nicht, der ist größer und milchbubiger. Und guckt die ganze Zeit todernst und traurig, geradezu sorgenvoll. Ehrlich! Ich habe ihn auf drei Partys so gucken sehen!

Am Ende des Abends sucht man sich jemanden mit einem Berlinale-Taxi-Coupon, schwatzt ihm den ab, krickelt seine Adresse auf die Rückseite eines Presseinfos für etwa einen kaukasischen Liebesfilm mit nur einem Darsteller, gibt den Zettel dem Fahrer und ab geht’s. Mit dem Fahrer zu reden braucht man dann nicht mehr, das kann man eh nicht.

Meine Freundin hatte nach einer solchen Party einen Taxifahrer, der gerne noch reden wollte und ihr erzählte (und sie schwört Stein und Bein, dass das wirklich passiert ist), er hieße erstens Attila Banko und hätte zweitens eine Allergie gegen Chanel-Lippenstifte. Normalerweise ist meine Freundin eine ganz Schlagfertige, und hätte unter anderen Umständen bestimmt gefragt: Und woher weißt Du das? Beziehungsweise: Wie äußert sich das? Weil aber die Party eine der etwas weiter oben beschriebenen war, konnte sie nur noch kichern. Eine Allergie gegen Chanel-Lippenstifte! Ich bitte Sie! Dieser – wie sie sagte – dicke, hässliche Mann!

Allerdings ist es andererseits wieder so eine Sache mit Männern und Schminke, wenn sie überhaupt ein Verhältnis dazu haben, scheint es ein ein eher negatives, ja, gar geradezu brutal gefärbtes zu sein. So wurde eine andere Freundin von einem männlichen Parfürmerie-Engel mit ernstem, sorgenvollem Gesicht gewarnt: „Wenn Sie diese Mitesser-Schlinge benutzen“ (er wusste ein Fremdwort dafür, das ihr entfallen ist), „dann sterben Sie!“ Männer und Schminke eben. Typisch. „Nicht ohne meine Hilti!“

Mit dem Geheimnis, wie er denn nun seine Chanel-Lippenstift-Allergie entdeckt hat, wird Herr Attila Banko jedenfalls weiter auf den nächtlichen Straßen von Berlin herumfahren. Aber es müssen ja auch ein paar Rätsel ungelöst bleiben. Jenni Zylka

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