Theater-Dystopie : Corpus Delicti
Im April erlebte Juli Zehs erstes Theaterstück seine Bremen-Premiere. Die Hauptfigur der Geschichte, angesiedelt in einer Zukunft, in der man heißes Wasser trinkt, weil alles verboten ist, was Spaß macht – wahrscheinlich sogar das Nasebohren, heißt Mia Holl will beweisen, dass ihr Bruder, verurteilt wegen einer angeblichen Vergewaltigung, unschuldig ist, gerät sie in die Mühlen der Justiz und wird schließlich vor Gericht gezerrt. Zeh, mit mehreren Jura-Semestern vorbestraft, hat ein wortreiches Stück zwischen Science Fiction, Gesellschaftssatire und Gerichtsdrama gestaltet, in der die Charaktermasken von Presse, Judikative und guter Nachbarschaft teils scharfsinnig gezeichnet sind.
Allerdings stellt ihr Text vor allem durch seine schiere Masse die Schauspieler vor beträchtliche Herausforderungen, was auch dem Ensemble anzumerken war, das in der Schwankhalle bei der Inszenierung des Jungen Theaters agierte. Gelungen ist Anja Wedigs Inzensierung aber allemal. Sie hat das Werk dicht in Szene gesetzt und mit Hauptdarstellerin Angela Schubot einen hervorragenden Griff getan. Zwar gerieten auch ihr einige extrem textlastige Passagen nicht durchgängig mit der gleichen Spannung wie ihre expressiv-tänzerische Darstellung, aber sie zeichnete die Entwicklung der um ihren Bruder trauernden Frau zu einer politischen Rebellin spannend nach. Auch Harald Redmer besticht als zynischer Journalist. ASL
Donnerstag, 23.4. bis Montag, 27.4, 30.4., 2. & 3.5., 20 Uhr Schwankhalle