: The cops are allright
Anarchischer Witz zwischen Sitcom und Polizeiserie, zu realistisch für den US-Markt: „Der Job“ (0.00 Uhr, ARD)
Was sind das für Zeiten, in denen ein Cop von seinen Kollegen Kaffee mit Aroma-Sirup vorgesetzt bekommt? Den Pappbecher von „Starbucks“ entsorgt Mike McNeil (Denis Leary) nach seinem Eintreffen im Büro jedenfalls umgehend im nächsten Papierkorb. Das ist ein schöner Start für eine Serie um einen New Yorker Detective, der sich im Krieg befindet mit den modernen Zeiten, den Vorgesetzten und vor allem mit sich selbst. McNeil trinkt viel Alkohol und kaut dazu Schmerztabletten, er ermittelt an den Vorschriften vorbei und betrügt seine Frau – verhält sich mithin eben so, wie wir es früher von Serien-Cops erwartet hätten.
Sture Antihelden
Heutzutage taugt solch ein sturer Antiheld jedoch nur noch als Ziel für die Boshaftigkeiten seiner Kollegen. So gehorcht der Alltag des Polizisten ganz den Gesetzmäßigkeiten einer Sitcom, in der mit rasender Geschwindigkeit Sprüche über entwendete Donuts und missachtete Rauchverbote geklopft werden. Allerdings bleibt die Kamera stets dem fahrigen Protagonisten auf den Fersen und schwenkt nur sekundenweise auf die anderen Beamten, die ihrerseits keine Zierde ihrer Zunft sind. Die entfesselte Kamera sorgt dafür, dass trotz der ritualisierten rhetorischen Scharmützel nicht die Gemütlichkeit einer herkömmlichen Sitcom aufkommt.
Die Streifeneinsätze verlaufen selten glorreich: Mal macht sich der Großkotz über das Gemächt eines Fahrrad-Cops lustig, ein andermal jagt er einen verdächtigen Rollstuhlfahrer. Wobei die Unterwanderung der Political Correctness nicht so zwanghaft daherkommt wie in anderen Comedy-Formaten. Und trotz der virtuosen Reihung von Geschmacklosigkeiten verleiht Denis Leary dem Soziopathen mit Dienstmarke eine tragische Fallhöhe.
Pillenschluckender Cop
Einmal diagnostiziert eine Kollegin dem angeschlagenen Detective, er stecke in der Midlife-Crisis, woraus sich eine Debatte darüber entwickelt, wann man eigentlich die Mitte seines Lebens erreicht. Gerade mal 40 ist die Hauptfigur aus „Der Job“, aber irgendwie wirkt sie schon anachronistisch. Was für die Serie als Ganzes gilt. Denn auch wenn die Verschmelzung verschiedener TV-Genres höchst innovativ daherkommt – der despektierliche Umgang mit Gesetzeshütern passt nicht zum wiedererwachten Patriotismus Amerikas. Nach dem 11. September wollten die US-Zuschauer keinem pillenschluckenden Sheriff bei der Arbeit zuschauen. So ließe sich jedenfalls erklären, weshalb die Quoten zum US-Start im März 2001 sehr gut waren, dann jedoch in den Keller gingen. Und dass „Der Job“ mittwochs um halb zehn gegen den NBC-Dauerbrenner „The West Wing“ ins Rennen geschickt wurde, trug wohl auch seinen Teil zum Misserfolg bei: Gegen die edel fotografierten Innenansichten aus dem Weißen Hauses konnte die schmutzige „One-camera-show“ nur verlieren.
Dass die Serie nun ins Nachtprogramm der ARD gespült wurde, ist eine schöne Fügung. Als Schlafpille taugt sie aber kaum: Um alle Pointen mitzubekommen, die in den nur 20-minütigen Folgen der hysterischen Comedy rausgehauen werden, muss der Zuschauer schon extrem wach sein. CHRISTIAN BUSS