■ Soundcheck: The Nits / Pop Will Eat Itself / Blumfeld
Gehört: The Nits. Die in die Jahre gekommene holländische Combo wollte, daß man sie wichtig, nett und prima findet. Das war gut gemeint, aber wie immer das Gegenteil von Kunst. Ein ulkiges Bühnenbild aus weißen Stoffkreisen, auf die Zahlen und Symbole projiziert wurden, sollte im Docks als Banner für das Etikett „besonders wertvoll“ dienen. Doch was vor diesem Prospekt über zwei Stunden lang passierte, war etwa so interessant wie ein Dia-Abend bei unbeliebten Nachbarn.
Die Nits live, das ist, als ob Andy Warhol einer beliebigen Band ein paar Extravaganzen einhauchen wollte, aber damit keinen richtigen Erfolg gehabt hätte: zahmer Pop light, angeschrägt durch nervöse Rhythmus-Zuckungen. Was der Geiger schönspielte, wurde durch polternde Percussion wieder umgerissen. Die Nits sind eben hemmungslos nette Romantiker, die manchmal auch ins Museum gehen. In ihren besten Momenten klangen sie, als versuchte Rudi Carrell, Subkultur zu vertonen, in den schlechtesten wie eine hawaiibehemdete Tralala-Kapelle aus dem Club Med. Sänger Henk Hofstede führte als charmanter Conférencier durch das minimalistische Programm und konnte für seine Vorträge fast schon hysterische Ovationen einheimsen.
Björn Ahrens
Heute abend: Pop Will Eat Itself. Die Poppies sind wieder da! Oder waren sie unter Umständen nie unmodern und weg vom Fenster gewesen? Tatsache ist, daß die fünf aus Stourbridge fast die einzigen Überlebenden einer Popkultur sind, die Ende der achtziger Jahre wohl mehr ein gut durchdachter Hype mit wechselnden Akteuren denn eine ernstzunehmende Stilrichtung war. Unter dem Sammelbegriff Grebo traten so illustre Bands wie Sigue Sigue Sputnik und Zodiac Mindwarp hervor, die geradezu zum Sterben verurteilt waren – letztere aber taten dies zur allgemeinen Überraschung nicht. Das war Musik im Dunstkreis eines Marvel-Comic Revivals und mit freundlicher Unterstützung von Max Headroom – falls sich noch jemand an diesen elektronischen „Talking-Head“ erinnert.
Pop Will Eat Itself haben für sich und ihr Publikum in der Jetzt-Zeit ein paar Relikte aus der Plastik-Punk Ära erhalten und besitzen live immerhin eine gehörige Portion Glaubwürdigkeit. Was daraus wird, wenn die ideologisch geräucherten Hallen des Zillo e.V. von ihnen bespielt werden, wird man hören. Mutige Menschen können auf eine gewisse Art und Weise einem morbiden Vergnügen fröhnen. Wer es denn übers Herz bringt. up
Zillo, 20 Uhr
Heute abend: Blumfeld. Die 18. Station ihrer ersten Mammut-Tournee durch kleinere und größere deutsche Städtchen führt die drei Shooting-Stars Jochen Distelmeyer (Gitarre, Gesang), Eike Bohlken (Bass) und Andre Rattay (Schlagzeug) zurück in die Stadt, in der für sie alles anfing. Ihr zweites Album L'etat et moi sorgte für einiges Rascheln auf den Kulturseiten, und die US-amerikanische Band lud Blumfeld gar zu gemeinsamen Konzerten auf den britischen Inseln ein. Was ist politisch, was persönlich und wie setzt man beides zur Rettung der Musik ein? Das sind noch immer brennende Fragen, die von Blumfeld behandelt sein wollen. Assistiert werden die Shooting-Stars dabei heute abend von den Dolchen und Tocotronic.
Markthalle, 21 Uhr
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