The Divine Comedy spielt im Knust / Schlachthof : Theatralisch-pompöser pop
1989 entschloss sich der 19-jährige Neil Hannon, ernsthaft musik zu machen und zog mit seiner damaligen band nach London. Zu zeiten, als man mit dem namen „brit pop“ alles brandete, was an pop aus Großbritannien kam, wurden auch The Divine Comedy in die regale der läden gespült. Sie sollten im gegensatz zu den rüpeln von Oasis die geadelte dandy-version liefern, was sie trotz vieler umbesetzungen bis 2001 sogar durchhielten. Danach wurde die band leger und trug in der öffentlichkeit t-shirts.
1997 zeigte Hannon als mastermind, songwriter und sänger mit seiner band, die nach Dantes göttlicher komödie benannt ist, wie sehr er sich vom gewöhnlichen pop abhob und nahm in nur zwei tagen a short album of love auf. Zu diesem zweck arbeitete er mit einem 30-köpfigen orchester.
Dass Hannon ein seltsamer vogel ist, beweist im übrigen die tatsache, dass er 1999 sogar an Ute Lempers punishing kiss-album mitwirkte. 2000 ging er im vorprogramm von Robbie Williams auf stadiontour und wechselte 2001 zur plattenfirma Parlophone, um ein größeres budget zu haben und ein jahr später das album reflections zu veröffentlichen, ein untypisch bedächtiges und minimalistisches werk.
Auf seinem neuen album absent friends, das von 2001 bis 2003 geschrieben und aufgenommen wurde, besteht The Divine Comedy aus Neil Hannon allein. Mit diesem solo-projekt kehrt er zurück zum theatralisch-pompösen pop, der eher an sinfonien erinnert als an hits. Hannon hat aus seiner vorliebe für Scott Walker nie ein geheimnis gemacht. Trotzdem erinnert seine herbe stimme eher an die von Ian McCulloch (Echo & The Bunny-men), und der sound an das orchester Bert Kaempferts. Aber es ist das 15-köpfige Millenia Ensemble, dass da spielt. Obwohl Hannon mit diesem werk am ziel seiner künstlerischen träume sein dürfte, ist eine gewisse befangenheit auszumachen. Seinem anderen idol, Jacques Brel, eifert Hannon ebenfalls und überzeugender nach.
Der sohn des bischofs von Clogher zitiert große geister („Oscar Wilde was a lonely child“) und begibt sich auf dem cover in die umgebung der großbourgeoisie. In zeiten der neverending rezession mutet das eher grotesk als stylish an und zitiert den verträumten eskapismus als große geste und auslaufmodell gleichermaßen. Sollten brit pop und zeitschriften wie gala doch verbündete sein? Musikalisch gehen auf dem album grandiose melodien und irrsinnige arrangements in chanson-, country-, pop- und klassikmustern so locker zusammen, dass einem das wunder von bern wie ein heimspiel vorkommt. Gemischt hat das album der soundmaster Nigel Godrich, der auch bei Radiohead am pult saß. Carsten Klook
Sonntag, 20 uhr, Knust