■ Mit Pillenpreisen auf du und du: Teures Kartell
Berlin (taz) – Pillen, Pulver und Seren deutscher Hersteller sind im Ausland zehn bis 40 Prozent billiger. Das hat nichts mit der Qualität der Pharmaprodukte zu tun, sondern ist einer ausgeklügelten Interessensallianz deutscher Grossisten, der Industrie und der Apotheker zu verdanken.
Um sich Deutschland als pharmazeutische Hochpreisoase zu erhalten, wird mit Importblockaden verhindert, daß die eigenen, exportierten oder im Ausland in Lizenz produzierten Gesundmacher zum viel niedrigeren Preis wieder auf den deutschen Markt zurückfließen. Dieser Boykott kostet jährlich Millionenbeträge.
Aus diesem Grund liegt das Bundeskartellamt mit den Pharmagroßhändlern im Clinch. Die nächste Runde zwischen den Kartellwächtern und der Pharmaindustrie im Streit um Medikamenten(re)importe wurde gestern vor dem Berliner Kammergericht begonnen. Die Arzneimittel-Großhändler Gehe, Anzag und Sanacorp hatten Beschwerde gegen eine Verfügung des Kartellamts eingelegt. Diese untersagt ihnen – wie bisher – Bezug, Lagerung und Vertrieb von Medikamenten des Importeurs Eurim-Pharm zu verweigern. Da Importfirmen auf das Distributionsnetz der Pharmagroßhändler angewiesen sind, kommt dies einer Behinderung sowie einer Abschottung vor preisgünstigeren Re- und Parallelimporten gleich. Ein klarer Fall, findet das Kartellamt. Die Entscheidung des Kammergerichts steht noch aus.
Die Preisgeschichte zieht aber noch weitere Kreise. Laut Sozialgesetzbuch sind Apotheken zur Abgabe preisgünstigerer Importarzneimittel verpflichtet. Dieser Versuch, per Gesundheitsreformgesetz eine Belebung des Wettbewerbs und eine Senkung des Preisniveaus am deutschen Arzneimittelmarkt zu erzwingen, war bislang nicht von Erfolg gekrönt. Denn die Apotheker sind kaum bereit, sich freiwillig für finanzielle Einbußen ins Zeug zu legen. Und die Krankenkassen nutzen ebensowenig die Möglichkeit, für Medikamente nur noch die Preise der Importware rückzuerstatten – aus Angst vor zürnenden Patienten, die sich der großzügigeren Versicherungs- Konkurrenz zuwenden könnten. Bettina Fink
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