piwik no script img

Archiv-Artikel

Terre des Femmes

Der Verein „Terre des Femmes“ bringt Frauen in Bewegung. Nicht nur sportlich, sondern vor allem gesellschaftlich und politisch. Aktuell kämpft er dazu auch im Rahmen der Frauenfußball-WM

Mitmachen bei TDF?

Infostand am 20. August ab 15 Uhr beim Schwullesbischen Parkfest im Volkspark Friedrichshain

Internationaler Kongress „Mädchenrechte stärken – weltweit“ am 29. Oktober 2011 im Logenhaus, Emser Straße 12–13, 10719 Berlin

Im Netz:

www.frauenrechte.de

Regionalgruppe Berlin:

www.frauenrechte.de/berlin/

WM Kampagne:

www.frauinbewegung.de

Bewegung ist gut, Aufklärung ist besser. Pünktlich zur Fußball-WM der Frauen hat die Menschenrechtsorganisation „Terre des Femmes“ eine Kampagne gestartet: „Frau in Bewegung“ soll die Gesellschaft für Diskriminierungen im Sport sensibilisieren und über Missverhältnisse der Geschlechter aufklären. Denn auch wenn Frauen im Fußball mittlerweile die gleichen Rechte wie das andere Geschlecht haben, kommt es tagtäglich und weltweit zu Demütigungen, Ausbeutungen, Misshandlungen und Verfolgungen von Frauen: Jede vierte Frau ist Opfer von Gewalt, jeden Tag sterben mindestens vier Frauen durch einen Ehrenmord, jede Stunde werden über 300 Mädchen genitalverstümmelt und jährlich werden mehr als zwei Millionen Mädchen zwischen fünf und 15 Jahren als Zwangsprostituierte verkauft. „Das sind schockierende Fakten, die Frau nicht tatenlos hinnehmen soll“, findet Christa Stolle, die Geschäftsführerin von Terre des Femmes. Sie ist bereits seit über 26 Jahren im Verein tätig und unterstützt zusammen mit den Mitarbeiterinnen der Bundesgeschäftsstelle die ehrenamtlichen Städte- und Arbeitsgruppen, die national und international für ein gleichberechtigtes Miteinander von Mann und Frau kämpfen.

Auch in Berlin geht es Menschenrechtsverletzungen an den Kragen. Jeden ersten und dritten Montag im Monat heißt es: reden, diskutieren, organisieren und planen fürs sanfte Rebellieren. Daraus resultierten bereits Demonstrationen gegen Frauen unterdrückende Gesetze, Infostände auf Straßenfesten oder Projekte wie Filmabende, Podiumsdiskussionen und Ausstellungen. Und solche Aktionen fordern neben Spendengeldern auch viele Aktivisten. Frauen, die sich auch dafür einsetzen möchten, dass Frauen und Mädchen ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben führen und unveränderliche Rechte genießen können, kann Terre des Femmes beitreten. Alle Frauen, die sich den Vereinszielen gerne solidarisch erklären sind immer willkommen sich einzubringen. Das ist nicht zuletzt für viele Aktivistinnen attraktiv, weil frau bei Terre des Femmes ausschließlich unter Frauen arbeiten kann. Und ganz frauensolidarisch ist ihre Tür natürlich auch für alle Frauen und Mädchen offen, die Hilfe brauchen. In Berlin, in Deutschland und auch im Ausland.

Zwar beziehen sich 80 Prozent der ehrenamtlichen Arbeit auf Deutschland, aber Terre des Femmes unterstützt auch sechs Auslandsprojekte wie den Kampf gegen Genitalverstümmelung in Sierra Leone und Burkina Faso mit Spenden und ehrenamtlichen Projektbetreuern, die einmal im Jahr ins Ausland reisen, um sich vor Ort ein Bild von der Lage und der Arbeit zu machen. „Wenn wir von einer drohenden Menschenrechtsverletzung an einer Frau hören, werden wir sofort aktiv. So schalten wir uns zum Beispiel ein, wenn einer Frau die Steinigung droht, oder setzen uns dafür ein, dass auch in Deutschland die Gesetzeslage zugunsten der Opfer von Gewalt verändert wird“, so die Geschäftsführerin. Und ihr Einsatz hat Erfolg: So konnte durch internationale Protestaktionen die Steinigung einer Mutter in Nigeria oder die Todesstrafe einer Minderjährigen im Iran verhindert werden.

Zudem treffen sich zweimal im Jahr überregionale Arbeitsgruppen, die sich über längere Zeit mit einem Thema beschäftigen. Zurzeit befassen sie sich mit den Schwerpunkten „Frauenhandel und Prostitution“, „Genitalverstümmelung“ und „Frauenrechte und Religion“. Denn oft sind tatsächlich religiöse Einstellungen die Ursache für Menschenrechtsverletzungen an Frauen. „Frauen sollen doch bitte selbst entscheiden dürfen, ob und wen sie heiraten, ob sie ein Kopftuch tragen wollen oder nicht und ob sie ein Kind haben wollen oder nicht“, so Stolle. Besonders im Iran nehmen die Diskriminierungen von Frauen nicht ab. Obwohl iranische Frauen bei Unruhen momentan an vorderster Front stehen, ist ihnen der Weg zur westlichen Welt oft noch versperrt. Das musste vor kurzem auch die iranische Journalistin Maryam Majd am eigenen Leib erfahren. Einen Tag vor ihrer Abreise nach Deutschland, wo sie auf Einladung der ehemaligen Fußballnationalspielerin Petra Landers die WM fotografisch begleiten wollte, wurde die Journalistin am 16. Juni in Teheran verhaftet und an einen geheimen Ort verschleppt. Bis heute fehlt jede Spur von der 24-Jährigen. Der Grund: Majd hatte in ihrer Heimat über Frauensport berichtet und sich für Frauenrechte engagiert. Nun hofft Terre des Femmes, dass die iranische Fotografin schnell wieder freigelassen wird, um es vielleicht doch noch zur Weltmeisterschaft zu schaffen.

Auch wenn die Frauenfußball-WM am 17. Juli mit dem Finalspiel endet – der Verein Terre des Femmes wird weiterhin das Ziel der weltweiten Gleichberechtigung der Frau verfolgen, bis es erreicht ist. Denn nur wer sich bewegt, kann auch etwas bewegen.EVA MÜLLER-FOELL