■ Teppich-Kibek: Längst ein Politikum
Goldgräberzeiten haben ihre Schattenseiten. Ende der siebziger Jahre, als mit dem Abriß von Altbauten und dem nachfolgenden Bau von Sozialwohnungen viel Geld zu machen war, brannte es auffallend häufig in Häusern, die von Spekulanten zur Entmietung vorgesehen waren. Da gingen im Keller zufällig die Wasserrohre kaputt, machten angebliche Reparaturarbeiten ganze Aufgänge unbenutzbar. Am Ende zogen die Mieter entnervt aus. Wenn alles nicht half, dann kam zufällig ein rabiater Trupp daher und zerschlug Fenster und Türen der renitenten Mieter.
Bei Teppich-Kibek fühlt man sich an selbiges erinnert. Nur die Akteure haben gewechselt. Statt hilfloser Mieter ein bundesweit agierendes Teppichunternehmen und statt schmieriger Spekulanten ein hochseriöser Konzern. Natürlich gilt bis zum Beweis des Gegenteils die Unschuldsvermutung. Doch man muß schon mit dem Klammerbeutel gepudert sein, um bei der Kette von Zufälligkeiten nicht zumindest zu fragen, ob beim Baggerunglück alles mit rechten Dingen zuging. Das Bezirksamt Charlottenburg sollte mit dem Wissen um die verbissene Auseinandersetzung um das Teppichgeschäft mit äußerstem Bedacht und Fingerspitzengefühl handeln. Das ist allein deshalb nötig, um nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, das Amt sei Partei. Eine schnellere Reaktion des Bauamts hätte zumindest die vom Teppichhaus auf eigene Faust vorgenommenen lebensgefährlichen Reparaturarbeiten unnötig gemacht. Eine kuriose Geschichte aus der Boomtown ist der Beinaheabriß längst nicht mehr, sondern ein Politikum, bei es auch darum geht, ob hier noch gewählte Politiker Herr des Verfahrens sind oder das Gesetz der „Freimacher“ gilt. Das zu entscheiden, kann einem Bauamt nicht überlassen bleiben. Gerd Nowakowski
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