■ Templin raus aus der Partei?: Eine hilflose Geste
Zugegeben: Es gibt eine Grenze, die zu überschreiten auch eine Partei wie die Bündnisgrünen nicht hinnehmen muß. Zugegeben auch, daß Wolfgang Templin diese Grenze mehrfach, nicht nur wegen seines Interviews in der rechtsextremen Jungen Freiheit, überschritten hat: Wer auf der einen Seite die Auseinandersetzung mit „beiden deutschen Diktaturen“ um der Demokratie willen fordert und gleichzeitig den PDS-Wählern pauschal abspricht, Demokraten zu sein, dessen politische Heimat liegt in der Tat außerhalb seiner Partei: Beim neurechten Netzwerk um Zitelmann, Schacht und Faust, für die ein Deutscher im Zweifel mehr zählt als ein Demokrat. Wer nun aber glaubt, Templins Hang zum Nationalen lasse sich quasi ordnungsrechtlich ahnden, erweist sich einen Bärendienst. Ein „freiwilliger“ Ausschluß würde Templin, der im übrigen schon lange nicht mehr als Parteimitglied agiert, nicht politisch isolieren, sondern ihm die Gelegenheit bieten, seinen Marktwert bei den Medien (auch als „linkes Opfer“) mehr noch als bisher in Szene zu setzen. Die Forderung nach Parteiaustritt wirft freilich auch ein Licht auf die Diskussionskultur der Bündnisgrünen. Kurz nach Templins Sündenfall in der Jungen Freiheit wurde eine konsequente Auseinandersetzung mit dem DDR-Bürgerrechtler gefordert. Eine solche Debatte allerdings hat es, mit Ausnahme einer Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung, nicht gegeben. Statt dessen wurde die Diskussion vor allem in seinem politischen Bekanntenkreis beim Neuen Forum gesucht. Der Bruch, den Jürgen Fuchs vollzog, als Templin am letzten Montag versuchte, die Debatte um den Einsatz der „Gedenkbibliothek“ für eine KZ-Wärterin zu verhindern, ist daher allemal ehrlicher und auch politisch hilfreicher als parteilich verordneter Antinationalismus. Uwe Rada
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