Telekom schneller als Konkurrenten: Warten auf den DSL-Anschluss
Die Bundesnetzagentur bestätigt, dass der Wechsel zum neuen Breitbandanbieter deutlich länger dauern kann als ein Neuanschluss bei der Telekom. Bestraft wird die dafür vorerst nicht.

Bislang war es ein durch zahlreiche Beispiel aus dem Bekanntenkreis unterstrichenes Bauchgefühl betroffener Nutzer. Nun gibt es die hoheitliche Bestätigung: Wer von der Telekom zu einem privaten DSL-Anbieter wechselt, muss häufig deutlich länger warten, als wenn er den Anschluss beim "rosa Riesen" selbst beauftragen würde. Matthias Kurth, Präsident der zuständigen Regulierungsbehörde Bundesnetzagentur, konstatierte am Dienstag bei der Vorstellung seines "Tätigkeitsberichtes Telekommunikation" einen "großen Auftragsstau" im DSL-Bereich. "Unabhängig von der Frage, ob hier eine Diskriminierung der Wettbewerber vorliegt, was wir zurzeit prüfen, appelliere ich an die Deutsche Telekom, (diesen) so schnell wie möglich abzuarbeiten", sagte der Chefregulierer vor Journalisten.
Mit der Aussage bekräftigt die Bundesnetzagentur Klagen der Telekom-Konkurrenten, laut denen sie zum Teil bis zu drei Monate warten müssten, bis eine Schaltung erfolgt. Laut dem Branchenverband VATM sind derzeit an die 100.000 Nutzer aufgrund des Auftragsstaus ohne Anschluss. Der Netzbetreiber Telefonica, der die DSL-Infrastruktur für große Telekom-Konkurrenten wie 1&1, Freenet und Alice stellt, hat deshalb die Eröffnung eines Missbrauchsverfahrens gegen den Marktführer bei der Bundesnetzagentur beantragt, ebenso der Mitbewerber Arcor. Die Verzögerungen beim Zugriff auf die "letzte Meile", über die die Telekom noch immer verfügt, wollen die Konkurrenten nicht länger hinnehmen. Der Regulierer gab an, die Anträge sorgfältig zu prüfen - eine Aussage, die Kurth am Dienstag bekräftigte.
Von dem Problem betroffen sind vor allem diejenigen, die der Telekom den Rücken kehren und einen Vollanschluss bei einem Konkurrenten beauftragen, der die Telekom-Leitung dann mietet. Dazu muss in manchem Fall auch ein Telekom-Techniker anrücken. Hat man diesen Termin erst einmal und kann ihn nicht einhalten, verzögert sich der Wechsel noch weiter. Die Telekom-Konkurrenten werfen dem Ex-Monopolisten vor, mit diesem Auftragsstau Marketing zu betreiben: Nutzer, die über Wochen auf die Schaltung ihres Anschlusses durch alternative Anbieter warteten, hätten berichtet, dass ihnen Telekom-Mitarbeiter an der Hotline eine schnelle Freischaltung im eigenen Netz versprochen hätten.
Die Bundesnetzagentur betonte, die Telekom müsse bei den Kunden der Konkurrenz die gleichen Anstrengungen unternehmen wie gegenüber den eigenen. Die Zahl der Betroffenen ist nicht klein: Inzwischen stammen 18 Prozent der Telefonanschlüsse von alternativen Anbietern. 6 Millionen DSL-Leitungen werden laut Bundesnetzagentur auf Basis eigener Infrastruktur oder der so genannten entbündelten Teilnehmeranschlussleitung von ihnen gestellt. Weitere 20 Prozent der bestehenden DSL-Anschlüsse werden von Telekom-Konkurrenten auf Wiederverkaufs-Basis bereitgestellt. Die Telekom schmerzt beides: Sie verliert Monat für Monat direkte Kunden, versucht inzwischen gar, mit einer Billigmarke ("Congstar") zu punkten.
Der Auftragsstau führt soweit, dass Kunden es sich doppelt und dreifach überlegen, ob sie zu alternativen Anbietern wechseln. Internet in der Wohnung oder im Büro gehört beruflich in immer mehr Fällen einfach dazu. "Da kann man nicht einfach mal drei Monate warten", sagt ein Betroffener in Berlin. Genau diese mögliche Abschreckung durch Wartezeiten stört die Bundesagentur erheblich. Die Telekom sieht das naturgemäß anders und meint, sie schalte jetzt schon mehr Anschlüsse, als mit den Wettbewerbern vertragsgemäß vorgesehen. Doch genau diese Zusagen reichen den Konkurrenten nicht.
Trotz der Probleme mit Auftragsstaus und DSL-Streitigkeiten zwischen Telekom und Konkurrenz sieht die Bundesnetzagentur den Breitbandmarkt in Deutschland im Aufschwung. Die Verfügbarkeit in den Haushalten habe sich inzwischen auf über 47 Prozent erhöht. "Deutschland gehört damit hinsichtlich der Breitbandversorgung zu den führenden Flächenländern", sagte Behördenchef Kurth. Man befinde sich deutlich über dem Durchschnitt der Europäischen Union. Das Land habe sich "deutlich verbessert und sei von einer "erheblich Marktdynamik" geprägt.
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