Telekom-Blatt "Electronic Beats": Serviceleistung eines Telefonkonzerns
Im Roten Salon der Berliner Volksbühne sprach der Journalist Max Dax über Corporate Publishing: Er ist Chefredakteur des Telekom-Umsonstmagazins "Electronic Beats".
Das Musikgeschäft und das Böse - zwischen beidem besteht nicht erst eine Nähe, seit Punk und Rave kommerzialisiert wurden. Die Journalisten Jens Balzer und Tobi Müller haben sich des Themas in ihrer Gesprächsreihe "Livekritik und Dosenmusik" am Dienstagabend im Roten Salon der Berliner Volksbühne in eigener Sache angenommen.
Wie unabhängig war die Musikjournaille 2011? Wo verlaufen die Grenzen zwischen Werbung, Sponsoring und Corporate Publishing? Zu Gast war Max Dax, der ehemalige Chefredakteur des Musikmagazins Spex. Dax hat vom Fanzine über die WOM-Kundenzeitschrift bis zu seinem jüngsten Engagement bei dem von der Telekom herausgegebenen Umsonstmagazin Electronic Beats verschiedenste Publikationen betreut.
Sein jüngstes Projekt, mit einem Großkonzern als Mäzen, hat viel Kritik hervorgerufen. Dax selbst behauptet, ihm gehe es vor allem um zukünftige Finanzierungsmodelle bedrohter Arten - zu denen zweifelsohne auch Musikmagazine zählen.
Redaktionelle Unabhängigkeit bewahren
Er betonte, dass Magazine im Kultursektor ohne kulturindustrielle Einflussnahme derzeit eine Utopie seien - und wies gleichzeitig auf die Transparenz der Vorgänge bei Electronic Beats hin. Es werde zu jeder Zeit offengelegt, bei welchen Künstlern die Telekom auch im Sponsoring wirksam ist. "Und blattmacherisch hatte ich noch nie solche Freiheiten", so Dax. Transparenz ist dabei ein interessantes Stichwort: Ob sich wirklich alle Leser eines x-beliebigen Musikmagazins darüber bewusst sind, welche Tauschgeschäfte über Redaktionstische hinweg getätigt werden?
Fragen kann man sich auch, an welchen Stellen Werbung und Sponsoring nahtlos ineinander übergehen. Ob RWE und Folkwang oder nun Electronic Beats und die Telekom, Sponsoringmodelle sind allgegenwärtig. Herausforderung im Bereich der Musikmagazine wird es generell sein, redaktionelle Unabhängigkeit zu bewahren, besser: wiederzugewinnen, will man journalistisch ernst genommen werden.
Um Musik selbst ging es auch noch: Dax, Balzer und Müller ließen das Musikjahr Revue passieren. So versuchte Balzer, auch im angloamerikanischen Witch-House-Genre Spurenelemente der Düsseldorfer Popszene auszumachen, um Dax zu befrieden. Bei Adele war dann nichts mehr zu holen: Während das pompöse Konzert-Pathos der britischen Retrosoulsängerin vorgeführt wurde, murmelte Dax nur was von Leni Riefenstahl.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?