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■ Telekom, Bertelsmann und Springer zusammen onlineVerteidigung der deutschen Provinz

Die Bild-Zeitung muß niemand lesen, und auch die Mitgliedschaft in einem Bertelsmann-Buchclub ist freiwillig. Das mag die Verlage ärgern, wird aber doch allgemein als Voraussetzung der Meinungsfreiheit empfunden. Für das Telefon gilt diese Beschränkung nicht. Wer telefonieren will, muß Kunde der Telekom werden, die ja nur mit Mühe davon ablenken kann, daß sie immer noch die gute alte Deutsche Post ist. Noch nie waren Informationen so leicht und in solcher Fülle zugänglich wie heute. Die neuen Computernetze wachsen allen Prognosen davon und reißen täglich neue Schranken nieder. Die Idee einer neuen, diesmal globalen Volksaufklärung gewinnt zunehmend plausible Konturen.

In Deutschland wird sie eine Utopie bleiben. Der Axel Springer Verlag, der Bertelsmann-Konzern und die Telekom haben sich zu einem gemeinsamen Computerdienst zusammengeschlossen. Damit ist das Ende der neuen Freiheit besiegelt. Daß sich das fatale Trio mit einem amerikanischen Partner verbündet hat, macht die Sache nicht besser. „America Online“, der Betreiber des größten Computernetzes der USA, bringt die Erfahrung in das Konsortium ein, die den Deutschen fehlt, dazu Anschlüsse jenseits des Atlantiks und vielleicht auch noch eine gewisse nützliche Nähe zu den amerikanischen Medienkonzernen.

Doch die „weltweite strategische Allianz“, von der der Springer-Verlag im schönsten Neusprech größenwahnsinniger Aufsichtsräte faselt, dient gerade nicht dazu, Grenzen zu öffnen, Informationsgrenzen gar. Ihr einziger Zweck ist die Sicherung der deutschen Provinz. Springers Bild-Zeitung und Bertelsmanns Stern sind so ziemlich das Gewagteste, was uns an Lesenswertem zugemutet werden soll. Dafür werden sich zwar immer weniger Leute interessieren. Wenn sie aber in den Weltraum der Computernetze ausweichen wollen, dann holt sie die Deutsche Post sofort wieder in den Stall zurück. Sie allein besetzt die wichtigsten Leitungen, auf denen in Deutschland Computer unsere Daten austauschen, das Monopol für Telefongespräche bleibt noch zwei fette Jahre lang bestehen, das ganze Kapital gehört dem Staat: Endlich kann sie auch ein wenig vorschreiben, was wir wissen sollen. Nicht alles, aber doch mehr als bisher. Am anderen Ende ihrer langen Leitungen sitzen jetzt fast immer die Bertelsmänner und Springer, die ziemlich sorgenvoll in die Zukunft geblickt haben. Jetzt fühlen sie sich wohler als je zuvor. Was sie meinen, steht bald nicht mehr nur in der Bild-Zeitung. Sondern in der Post. Niklaus Hablützel

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