piwik no script img

Telefonseelsorge zu SchulnotenMit den Zensuren kommen die Sorgen

In Berlin wurden die Sommerferien eingeläutet und mit ihnen die Zeugnisse vergeben. Nicht für alle ist das eine gute Nachricht, sagt Anna Zacharias.

Ein Zeugnis mit diesen Noten macht nicht viele Eltern stolz Foto: dpa
Interview von Pola Kapuste

taz: Frau Zacharias, wie wirkt sich die Zeugnisvergabe auf die Anrufe beim Sorgentelefon für Kinder und Jugendliche aus?

Anna Zacharias: Das Thema schlechte Noten und Zeugnisse ist auf jeden Fall ein Ganzjahresthema und die Zeugnisvergabe variiert ja auch nach Bundesland, deshalb verteilt sich die Menge der Anrufe. Aber um die Zeit wird das Thema häufiger angesprochen.

Zu welchen Themen werden sie denn am häufigsten um Hilfe gebeten?

Dadurch, dass altersmäßig unser Schwerpunkt bei Jugendlichen in der Pubertät, also bei 12- bis 17-Jährigen liegt, geht es vor allem um Themen, die eben genau diese Altersgruppe beschäftigen. Am häuigsten geht es um psychosoziale Themen und Gesundheit. Darunter fallen zum Beispiel psychische Probleme, Aussehen oder Einsamkeit. Das ist dicht gefolgt vom Thema Sexualität. Probleme mit der Familie und Schule kommen erst an vierter und fünfter Stelle.

Sie bieten auch Beratung für Eltern an, über welche Themen wird hier am meisten gesprochen?

Überforderung ist ein wichtiges Thema bei den Eltern. Aber auch spezielle Informationen werden erfragt, zum Beispiel, wie viel Taschengeld ein Kind in diesem oder jenem Alter bekommt. Oder sie wollen Konflikte besprechen; da geht es auch um Gewalt und Missbrauch. Viele Eltern, die ihre Kinder schlagen, haben ein sehr schlechtes Gewissen dabei und rufen dann an. Es ist auf jeden Fall sehr breit gefächert.

Greifen sie bei besonders dramatischen Fällen auch ein?

Grundsätzlich sind wir ein absolut vertrauliches und anonymes Beratungsangebot. Unsere Aufgabe ist nicht die der Polizei. Dementsprechend anders nutzen die Leute auch unser Angebot: Sie suchen in der Regel einen Gesprächspartner und nicht jemanden, der eingreift.

Im Interview: Anna Zacharias

Jahrgang 1979 arbeitet bei der Nummer gegen Kummer, einem Sorgentelefon von Kinder Jugendliche und ihre Eltern

Was raten sie den Kindern denn?

Das ist immer ganz individuell auf das Kind abgestimmt. Wir haben Kinder, die sagen: „Ich möchte einfach nur erzählen, ich möchte nur, dass Sie mir zuhören.“ Dann gibt es welche, die fragen, wie man selber in ihrer Situation handeln würde. Dann werden gemeinsam unterschiedliche Lösungsansätze besprochen und geguckt, welcher für das Kind realistisch ist. Nehmen wir mal an, ein Kind hat beispielsweise beim Thema Zeugnisse Angst, nach Hause zu gehen, weil es befürchtet, dass die Eltern wütend oder gewalttätig werden. Dann kann man überlegen, wer mit dem Kind mitkommen kann, um als Mediator zu fungieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!