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■ Teilerfolg für Clintons „Verbrechensbekämpfungsgesetz“Ein Stückchen ziviler Fortschritt

Es gibt im Englischen ein schönes Sprichwort: „Eine Unze Vorsorge wiegt ein Pfund Heilbehandlung auf.“ Wer würde dem widersprechen wollen? Nur bei einem so emotionsgeladenen Thema wie der Verbrechensbekämpfung soll das nicht gelten. „Das ist das Ausgewogenste, was dieses Land bisher in Sachen Verbrechensbekämpfung hervorgebracht hat“, war das Urteil der demokratischen Abgeordneten Cynthia McKinney aus dem Bundesstaat Georgia, „es sieht immerhin eine Unze Vorbeugung für jedes Pfund Bestrafung vor.“ Orin Hatch ist das noch zuviel: mehr Bestrafung, weniger sozialarbeiterischen Vorbeugungsfirlefanz. Senator Hatch ist Mitglied des Rechtsausschusses des Senats, durch den das „Verbrechensbekämpfungsgesetz“ nach seiner Annahme durch das Repräsentantenhaus noch „durch muß“.

Mit dem Verbrechen, zur Zeit Amerikas Geißel Nummer 1, hat das alles nicht viel zu tun. Naiv, wer da glaubt, irgendein Gesetz würde die Gewaltkriminalität eindämmen, die tief in Amerikas Tradition, Kultur und sozialer Situation wurzelt. Verbrechensbekämpfung aber ist eins jener Themen, die Leidenschaften und Ideologien aufwühlen. Da bilden sich jenseits der Parteiloyalitäten seltsame Fronten. Was den einen als Allheilmittel gilt, die Einschränkung des Rechts auf Waffen, läuft den anderen auf die Beschneidung elementarer Rechte hinaus. Nicht nach Sozialarbeitern, nach der Polizei wird gerufen – wo die versagt, gehen die Bürger am liebsten selber auf Verbrecherjagd. Da ist die Verabschiedung des Gesetzes bei all seiner Widersprüchlichkeit tatsächlich ein kleines Stück zivilisatorischer Fortschritt.

Bei dem Ringen um Durchsetzung bzw. Verhinderung des Clintonschen Projekts ging es aber vor allem um das, was Amerikaner politics nennen. Es ging um Sieg oder Niederlage des Präsidenten und um die Wiederwahl der Abgeordneten. Daß Bill Clinton diese Abstimmung letztlich mit den Stimmen der Republikaner gewann, hat mit letzterem zu tun. Die Republikaner hätten Clinton gerne eine Niederlage bereitet, aber jene, die für seine Vorlage stimmten, kommen aus Suburbia, und dort sitzt die Furcht vor der schleichenden Invasion des Verbrechens aus der City. Die Demokraten, die gegen ihren eigenen Präsidenten stimmen, kommen aus konservativen ländlichen Wahlkreisen, in denen die Wähler noch keine Angst vor den Einflüssen der Stadt haben.

Clinton kann den Sieg gut gebrauchen, ohne ihn wäre seine Präsidentschaft so gut wie am Ende. Doch daß er mit den Stimmen der Republikaner gewann, verheißt nichts Gutes für seine anderen Vorhaben. Es ist mehr als fraglich, ob er die gleiche Koalition zusammenbekommt, wenn er die Krankenversicherungsreform durchbringen will. Reed Stillwater

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