: Tauziehen um neue Koalition
■ Ultra-orthodoxe Parteien pokern um Machtbeteiligung in Israels neuer Regierung Arbeitsparteiführer Schimon Peres im Aufwind, doch nach wie vor sind alle Möglichkeiten offen
Jerusalem (afp/taz) - In Israel ging am Montag das Hauen und Stechen um eine neue Regierungskoalition weiter. Vertreter der ultra-orthodoxen Schas-Partei kündigten am Abend eine erneute Kehrtwende an. Ihre sechs Knesset-Abgeordneten wollen nun doch wieder eine Regierung unter dem Vorsitzenden Schamir des rechtskonservativen Likud-Blocks unterstützen. Wenige Stunden vorher hatten sie noch Staatspräsident Herzog wissen lassen, sie befürworteten zwar ein vom Likud geführtes Kabinett, hatten es jedoch ausdrücklich unterlassen, Schamir als neuen Regierungschef vorzuschlagen. Gleichzeitig war jedoch zu erfahren, die Schas-Vertreter könnten ihre Haltung nochmals ändern und für ein Kabinett unter Leitung von Schamirs Gegenkandidaten Peres stimmen.
Am Nachmittag hatten Vertreter der ebenfalls ultra -orthodoxen Partei Agudat-Israel angekündigt, ihre fünf Knesset-Abgeordneten wollten eine Regierung unter dem Vorsitzenden der Arbeitspartei unterstützen. Sie würden noch am Abend Präsident Herzog bitten, Peres den Auftrag zur Regierungsbildung zu erteilen. Mit den Abgeordneten der Agudat-Israel und Vertretern kleinerer Splittergrupen im Parlament, die sich bereits für eine Koalition mit der Arbeitspartei ausgesprochen haben, hätte Peres genau 60 der insgesamt 120 Abgeordneten des israelischen Parlaments hinter sich. Schamir kann dagegen momentan nur mit der definitiven Unterstützung von 38 Abgeordneten rechnen. Weitere 16 Parlamentarier, die fünf kleineren Parteien angehören, waren am zweiten Tag der Gespräche, bei denen Präsident Herzog die Chancen für eine neue Regierungsbildung auslotet, noch weitgehend unentschieden.
Am Sonntag hatte der geistliche Führer der Schas-Partei, der Rabbiner Owadia Jossef, Schamir scharf kritisiert und ihm „Halsstarrigkeit“ vorgeworfen. Abgeordnete der Schas -Partei hatten am vorigen Donnerstag die Regierung Schamir zu Fall gebracht, indem sie der Abstimmung über den Mißtrauensantrag der Opposition fernblieben.
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