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Taubenklo, Taubenklo ...

■ ... macht Hochbauabteilung und Gesundheitsbehörde gar nicht froh: Jetzt wird das Altonaer Rathaus für 232.000 Mark verdrahtet Von Ditmar Doerner

Für flatternde Friedenssymbole gilt demnächst: Landeverbot auf dem Altonaer Rathaus. Ende Juni werden Handwerker damit beginnen, die Simse der mehr als 100 Fenster des dreistöckigen Gebäudes mit Stromdrähten zu bespannen. Nicht nur Umwelteinflüsse, sondern auch der stark ätzende Taubenkot zerstören den Sandstein des Hauses, sagt der Leiter der Hochbauabteilung im Altonaer Rathaus, Siegfried Leisner. Deshalb seien umfangreiche Sanierungsarbeiten an der Außenfassade in Höhe von 5,5 Millionen Mark notwendig geworden. Allein die Drähte gegen die Tauben kosten 232.000 Mark. Nach Schätzungen des Hamburger Naturschutzbundes fristen rund 10.000 Tauben in der Hansestadt ihr Leben. Da jedes Tier es im Jahr auf rund 1,2 Kilogramm Exkremente bringt, ergibt sich eine ansehnliche Hamburger Jahresproduktion von insgesamt rund 12 Tonnen Taubenkot.

Zu den Befürwortern der Schutzaktion fürs Altonaer Rathaus gehört Udo Sellenschlo von der Hamburger Gesundheitsbehörde. „Wir haben zwar in Hamburg noch keine Taubenplage, aber es sind einfach zu viele.“ Doch geht er in seinen Forderungen zur Beschränkung der Taubenpopulation noch weiter: Sellenschlo unterstützt, daß Nistplätze an U-Bahnschächten und öffentlichen Gebäuden zugebaut werden, da die Tiere seiner Ansicht nach gefährliche Krankheiten übertragen können. „Die bekannteste ist die Ornithose, die sogenannte Papageienkrankheit, die beim Menschen zu Magen-Darm-Erkrankungen, aber auch zu Hirnhautentzündung führen kann“, schon beim Füttern der Tauben könne es zu einer Infektion mit den Bakterien der Papageienkrankheit kommen. Auch Salmonellen könnten durch die Tiere übertragen werden. Nach Angaben von Sellen-schlo sind 80 Prozent der Hamburger Tauben mit den Bakterien infiziert.

In fast allen Städten Deutschlands finden sich aktive TaubengegnerInnen. Auch Hormone gehören zu ihren Waffen: In Berlin läuft seit wenigen Monaten ein fünfjähriger Modellversuch, den Hamburg bei Erfolg übernehmen will: Dort wird den Vögeln die Pille verabreicht. Städtische Angestellte verteilen Kunststoffpillen, die aus Östrogenen bestehen. Auch bei den Taubenmännchen wirkt sie – als Anti-Potenz-Pille: „Es stellt sich eine gewisse sexuelle Müdigkeit ein“, sagt der Tierarzt Martin Kadler, der für diesen Modellversuch vom Berliner Senat angestellt wurde.

Große Zweifel am Sinn des Berliner Projekts hat Elisabeth Libera von der Hamburger Aktionsgemeinschaft „Friede für die Stadttaube“. Sie hält die Maßnahmen der Taubengegner kurz und knapp für „Schwachsinn“. Niemand könne mit Sicherheit sagen, wieviele Kügelchen eine Taube aufpicken müsse, um unfruchtbar zu werden. Die Taubengegner kann Elisabeth Libera nicht verstehen: „Hunde machen viel mehr Dreck in der Stadt, aber darüber regt sich fast niemand auf.“ Und übersieht dabei völlig, daß Hunde schon schon seit jeher nicht auf dem Altonaer Rathaus landen dürfen.

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