Tarifstreit: Bahn lehnt Lokführer-Ultimatum ab
Ab Donnerstag wird gestreikt. Die Bahn will ein Ultimatum der Lokführer-Gewerkschaft verstreichen lassen, sagte Personalvorstand Suckale.
Ab Donnerstag wird gestreikt - vorerst im Güterverkehr. Spätere Streiks im Personenverkehr will die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) 24 Stunden vorher ankündigen. Das Arbeitsgericht in Chemnitz machte der Gewerkschaft am Montag Abend allerdings einen ersten Strich durch diese Rechnung. In Sachsen darf die GDL im Regionalverkehr vorerst nicht zum Streik aufrufen. Damit setzte sich hier die Bahn in vollem Umfang durch, wie ein Gerichtssprecher erklärte. Zuvor hatte GDL-Chef Manfred Schnell dem Bahn-Management bis heute Dienstag Zeit gegeben, ein "tragfähiges Angebot" zu unterbreiten. Andernfalls werde "Deutschland von einem Arbeitskampf nicht verschont bleiben." Die Bahn hat das nicht beeindruckt: Man wolle das Ultimatum der GDL verstreichen lassen, sagte DB-Personalvorstand Margret Suckale. "Damit provoziert der Arbeitgeber diesen Streik", meinte Schell.
Die Unterstützung dafür hat er: 8.742 GDL-Mitglieder hatten ein gültiges Votum bei der Urabstimmung abgegeben, 95,8 Prozent stimmten dafür, unbefristet in Streik zu treten. 75 Prozent der Stimmen hätten dafür ausgereicht. Das "erste Signal", wie die GDL die Warnstreiks Anfang Juli nannte, habe nicht den erwünschten Erfolg gebracht, Der hieße: ein eigenständiger Tarifvertrag. Ende vergangener Woche hatte die Bahn der GDL angeboten, zwar weiterhin Teil eines Gesamttarifwerks zu sein, aber "eigene tarifliche Regelungen" zu vereinbaren und fortzuführen. "Kein Wort von Zug- und Servicebegleitern", sagt GDL-Sprecher Maik Brandenburger der taz. 2003 erhielt die GDL die Tarifführerschaft für die Lokführer. Das ist ihr aber nicht genug: "Wir wollen einen eigenen Tarifvertrag - für das gesamte Fahrpersonal."
Sie alle vertritt die GDL, von den 20.000 Lokführern sind etwa drei Viertel in der GDL organisiert, insgesamt fallen in den Zuständigkeitsbereich 31.000 MitarbeiterInnen. Bei den zwei anderen Bahn-Gewerkschaften fühlt sich der Großteil des Fahrpersonals schlecht aufgehoben. Die zum Deutschen Beamtenbund gehörende GDBA und Transnet (DGB) haben sich - ebenfalls nach Warnstreiks - mit der Bahn auf einen Tarifabschluss verständigt. Dieser sieht unter anderem 4,5 Prozent mehr Lohn vor. "Zu wenig", heißt es von der GDL. Zusammengefasst beträgt die GDL-Forderung plus 31 Prozent, auch wenn diese die Gewerkschaft so nicht genannt haben will. "Das klingt furchtbar, die Öffentlichkeit erhält ja den Eindruck, wir seien von einem anderen Stern, unsere Forderungen fernab jeder Realität." Dem sei aber nicht so. Es gehe nämlich nicht nur um höheren Lohn, darunter deutlich höhere Einstiegsgehälter für Lokführer, Zugbegleiter und Servicemitarbeiter, sondern auch um kürzere und familien- bzw. freizeitfreundlichere Arbeitszeiten mit mehr Ruhepausen. Zum Hinweis von Bahn-Personalvorstand Suckale, das am Freitag vorgelegte Angebot enthalte "bei steigender Produktivität Verdienstchancen, die über 4,5 Prozent hinausgehen", meinte Schell bloß: "Indiskutabel."
Bereits vergangene Woche hatte das Arbeitsgericht Düsseldorf ein Verbot des Lokführerstreiks verfügt. Dieses gilt wie in Sachsen für den Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen. Daran wird sich die GDL laut Sprecher Brandenburger auch halten.
Ein neues Angebot will die Bahn nicht vorlegen. Stattdessen kündigte Suckale weitere gerichtliche Schritte an. Und das Management rüstet sich für Streiks: Dienstpläne würden so umgeschrieben, dass streikwillige Lokführer erst gar nicht zum Einsatz kämen. Außerdem wolle man verstärkt auf die 37 Prozent der Beamten unter den Lokführern, die nicht streiken dürfen, zurückgreifen.
Der Streik im Güterverkehr könne sich in jedem Fall auf den Personenverkehr auswirken, heißt es von der GDL. Allerdings sei ihr nicht daran gelegen, Reisende zu verärgern. Deshalb wolle man diese 24 Stunden vor einem Streik informieren.
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