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TarifstreitMehr als nur ein Hungerlohn

Taxifahrer protestieren gegen geplante Tariferhöhung der Senatsverwaltung – stattdessen fordern sie für mehr Geld in ihren Kassen die Abschaffung der Warteminute.

Alle Räder stehen still: Taxifahrer bei ihrer Demo am Dienstag Bild: Maurizio Gambarini, dpa

Hüseyin Kocak traut sich was. Der Vorstand des Berliner Taxibunds (BTB) hat sein Taxi direkt vor dem Brandenburger Tor geparkt. „Dabei hat die Polizei eine Demo mit Wagen hier verboten“, sagt er. „Aber hier ist heute mein Sonder-Wartestand.“ Kocak und ein gutes Dutzend Taxifahrer stehen am Dienstagmittag rauchend auf dem Platz und verteilen gelb-schwarze Wimpel an Vorbeilaufende mit der Aufschrift „Alle reden vom Mindestlohn – wir auch!!!“

Was die Fahrer auf die Straße treibt, ist die Tariferhöhung um 5,8 Prozent, die die zuständige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung plant, die erste seit 2009. Warum die Fahrer gegen eine Erhöhung ihres Beförderungsentgelts sind, erklärt Tayfun Demir, seit 2005 im Beruf, so: „Das bringt nur ein paar Cents, dafür aber Mehrkosten, die wir unendlich lange abfahren müssten.“ 120 Euro würde die Umstellung des Tarifs kosten, rechnet er vor: 60 Euro für die Werkstatt und weitere 60 Euro fürs Eichamt, das die neue Uhr begutachten muss.

„Das Gutachten des Senats ist – auf gut Deutsch – Klopapier“, übersetzt das BTB-Vorstand Kocak. Aber passieren müsse trotzdem etwas für die Taxifahrer, fährt Tayfun Demir fort, denn vielen Kollegen gehe es so wie ihm: „Ich arbeite 60 Stunden pro Woche und bekomme dafür netto rund 800 Euro im Monat.“ Da er vier Kinder zu versorgen habe, beziehe er aufstockend Hartz IV. An manchen Tagen, ergänzt sein Kollege Joachim Schäfer, brächten sie nach zwölf Stunden Schicht nicht mal 100 Euro mit. „Davon bekommt der Fahrer rund 35“, so Schäfer.

Der BTB wurde vor eineinhalb Jahren gegründet als weitere Berufsvertretung neben Taxiinnung und Taxiverband Berlin. „Die haben gar nichts für uns getan“, sagt Fahrer Demir. Der BTB, der laut Kocak rund 400 Mitglieder vertritt, fordert statt Tariferhöhung die Abschaffung der Warteminute. Laut einem Gutachten aus Hamburg würde das 20 bis 24 Prozent mehr Umsatz schaffen, sagt Kocak. Die Warteminute, erklärt er, sorgt dafür, dass der Taxameter 88 Sekunden nicht läuft, wenn der Wagen anhält. Erst danach tickt die Uhr wieder. „Wenn Sie im Stau stehen, ist es ein ewiges Stop and go, die Warteminute wird immer wieder neu angefangen.“ Im Endeffekt koste eine Staufahrt den Kunden also nicht mehr als eine in flüssigem Verkehr, „aber wir haben laufende Kosten“.

Dabei stünden die Taxen ohnehin zu oft auf der Stelle, beschwert sich Kocak. 7.428 gibt es zurzeit in Berlin, das sei viel zu viel. Aber die Senatsverwaltung gebe jedem, der wolle, eine Konzession. Wenigstens eine Vergaberegelung für Konzessionen sei nötig, sagt der Taxiunternehmer. „Dann würde das der Markt von allein regeln.“

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5 Kommentare

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  • TL
    Tim Leuther

    Die Abschaffung der Warteminute kann ich nachvollziehen. Ich dachte aber eh, das läuft nach Kilometern.

    Eine Preiserhöhung jedenfalls die nicht hoch genug ist, damit sich die Umstellungskosten rasch rechnen ist sinnlos. Eine Abschaffung der Warteminute würde jedenfalls so wirken, das Taxifahren zur Rush-Hour teurer wird als außerhalb. Eigendlich eine gute Sache.

     

    Die Forderung nach einer Limitierung der Taxilizenzen ist scharf zurückzuweisen. Hier möchten Insider zulasten der Outsider und der Kunden die Anzahl der Anbieter limitieren. Nein Danke, wir hatten schon eine Milchquote.

  • HL
    Heike Lindenborn

    @ Stephan

     

    Sollte Dein Kommentar NICHT ironisch gemeint sein, wünsche ich Dir einen Beinbruch mitten in der Nacht bei gleichzeitigem Zusammenbruch aller Telefonleitungen.

  • V
    Verwirrt!

    Die beiden Kommentare sind mehr als entwürdigend für Menschen, die zumindest einen Teil ihrer Arbeit damit verbringen, die Eltern und Großeltern der hier so rumpolternden zum Arzt zu fahren!

     

    "Man sollte diesen Umweltverpestern das Hartz4 komplett streichen!" - Was für eine absurde Logik da durchscheint: Bestrafen wir Menschen, die bereit sind mehr als 50 Stunden in der Woche zu arbeiten, OHNE davon Leben zu können, damit ihnen ein würdiges Leben gänzlich unmöglich zu machen. Glaubt hier jemand ernsthaft, das wäre ein Traumjob, den sich Menschen aus Spaß am Autofahren ausgesucht haben?

     

    Ich bin enttäuscht und verwirrt von derartigen Kommentaren, die tief blicken lassen in das neoliberale Herz der selbsternannten Ökopropheten, die ohne Scham ihren ganz eigenen gedanklichen Sondermüll hinterlassen, der für schädigender ist, als ein umherfahrendes Auto!

  • SM
    Stephan Mirwalt

    Man sollte diesen Umweltverpestern das Hartz4 komplett streichen! Warum müssen die auch unbedingt Taxis fahren? Rikschas und Lastenfahrräder sind viel gesünder!

     

    Ich fahre auch nur mit dem Fahrrad und empfinden Autofahrern gegenüber nichts als Verachtung.

  • S
    Stratege

    Zuerst sollte man Taxis mit Innen-Duft-Tannenbäumchen aus dem Verkehr ziehen und die Paradichlorbenzol-versifften Fahrzeuge nach Dekontaminierung verschrotten.

     

    Danach sollte eine Verordnung her, die Taxis mit geraden KFZ-Kennzeichen nur an geraden Tagem fahren lässt, und ungerade an ungeraden Tagen

     

    So wird die Auslastung der Taxis verbessert, es wird CO2 und Arbeitszeit gespart.

     

    In der freien Zeit können die Taxis als Kuriere arbeiten und sich so eine Volzeitbeschäftigung sichern.