: Tarifrunde für Ost-Metaller beendet
■ Einigung für Metall-Tarife in Ost-Berlin und Brandenburg/ Abschluß von Mecklenburg-Vorpommern übernommen/ Westniveau bis 1994?
Berlin. Mit der Übernahme des Pilotabschlusses von Mecklenburg- Vorpommern für das Tarifgebiet Ost-Berlin und Brandenburg ist die Lohntarifrunde in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie beendet. Rund 1,1 Millionen Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern erhalten ab 1. April 1991 Einkommenserhöhungen, die schrittweise bis 1994 an das volle westdeutsche Tarifniveau heranführen. Darüber hinaus wurden Arbeitszeitverkürzungen und Urlaubsverlängerungen vereinbart. Damit wurden bereits für mehr als vier Millionen Arbeitnehmer in den großen Wirtschafts- und Dienstleistungsbereichen in Ostdeutschland Einkommensverbesserungen ausgehandelt. Die Anbindungen an die West-Tarife schwanken in den großen Wirtschaftsbereichen zwischen 55% in der Chemie- Industrie und 65% im Einzelhandel.
In Teilbereichen gibt es weit deutlichere Steigerungen. So werden in der Ostberliner Bauwirtschaft bereits von diesem Oktober an 90% des Westberliner Tarifs gezahlt. Zahlreiche weitere Tarifvereinbarungen beinhalten Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung und Qualifizierung. Bei den Manteltarifgesprächen über Arbeitszeitverkürzung und Urlaubsdauer konnten Schritte zur Angleichung an das westdeutsche Niveau erreicht werden.
Bei den in der Nacht zum Sonntag abgeschlossenen Verhandlungen für die rund 250.000 Metallbeschäftigten in Ost-Berlin und Brandenburg hatte die IG Metall vergeblich eine prozentual gleiche Einkommensverbesserung für Arbeiter und Angestellte angestrebt. Lediglich in den zwei untersten Gehaltsgruppen konnten überdurchschnittliche Anhebungen durchgesetzt werden.
Metallarbeitgeber und Gewerkschaft sind sich in der Bewertung der jüngsten Tarifabschlüsse weitgehend einig. Beide wollen möglichst bald gleiche Wirtschafts-, Lebens- und Arbeitsbedingungen in Ost und West. Die Arbeitgeber sicherten den Betrieben kalkulierbare Rahmenbedingungen für mehrere Jahre zu, die IG Metall den Arbeitnehmern die Gewißheit, ab wann sie »Westlöhne« verdienen. Dabei kann die Gewerkschaft auf eine hohe Zustimmung an der Basis bauen: In den zuständigen Tarifkommissionen gab es kaum Stimmen gegen den Kompromiß.
Dabei stand nicht nur die IG Metall in ihrer ersten Ost-Tarifrunde angesichts galoppierender Lebenshaltungskosten in den neuen Bundesländern unter Mitgliederdruck. Auch die Arbeitgeber müssen Vorleistungen bringen. So will der Verhandlungsführer bei den Metall-Gesprächen in Berlin-Brandenburg, Erwin Flick, den jüngsten Tarifabschluß »nicht unter rein ökonomischen Gesichtspunkten« bewerten. Flick versteht die Einigung vielmehr als einen Versuch, die »Balance zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und strukturellem Anpassungsdruck« zu halten. dpa
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