Tarifflucht bei der "Saarbrücker Zeitung": Holtzbrinck schert aus
Sowohl die "Saarbrücker Zeitung" als auch der "Trierische Volksfreund" machen bei den Tarifabschlüssen nicht mehr mit. Schon vor einer Einigung sind sie geflüchtet.
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Pünktlich kurz vor Beginn einer neuen Runde bei den Tarifverhandlungen für Zeitungsredakteure haben sich zwei weitere Blätter des Stuttgarter Holtzbrinck-Konzerns aus der Tarifbindung verabschiedet. Die Saarbrücker Zeitung und der Trierischer Volksfreund haben ihre Mitgliedschaft im Zeitungsverlegerverband entsprechend umgewandelt.
Damit gilt ein etwaiger Tarifabschluss - wie schon bei einer Vielzahl deutscher Zeitungsverlage - bei ihnen nicht mehr automatisch. Journalistenverbände und vor allem die Beteiligungsgesellschaft der Saarbrücker Zeitung, über die die Belegschaft am Unternehmen mit rund 15 Prozent beteiligt ist, kritisierten den Schritt.
Man habe davon "erstaunt von dritter Seite erfahren" müssen und sei "als Mitgesellschafter bisher nicht offiziell über diesen Schritt, den wir als eine falsche Weichenstellung betrachten", informiert worden, schreibt der Verwaltungsrat der Beteiligungsgesellschaft an Holtzbrincks Saarbrücker Statthalter Joachim Meinhold. Man sehe "die so oft reklamierte vertrauensvolle Zusammenarbeit" nun "nachhaltig gefährdet" und fordert von den Konzernlenkern "nachdrücklich, zur Tarifbindung zurückzukehren".
Die Geschäftsführung der Saarbrücker Zeitung, unter deren Dach auch die anderen Holtzbrinck-Regionaltitel wie der Volksfreund, die Mainpost (Würzburg) und die Lausitzer Rundschau (Cottbus) beheimatet sind, argumentiert dagegen: Der Wechsel in die tariflose Zone sei gar keine Tarifflucht, sondern notwendig für künftige Investitionen, bei denen man nicht von etwaigen Tarifabschlüssen abhängig sein wolle, berichtet der Saarländische Rundfunk. Bei der Beteiligungsgesellschaft zieht das nicht, sie schreibt: "Die Saarbrücker-Zeitung-Gruppe ist nachweislich wirtschaftlich in einer sehr guten Position."
Doch der Halbausstieg von Saarbrücken zeigt: Nicht nur die Journalistengewerkschaften, sondern auch die Verlegerverbände haben ihre liebe Not mit ihren Mitgliedern. Die Zeiten der großen, bundesweiten Tarifabschlüsse scheint vorbei, Medienkonzerne bevorzugen hausinterne Lösungen. Denn so haben die Beschäftigten weniger Macht. Und die Konzerne kommen gar nicht erst in die Verlegenheit, Gewinne, die sie mit einigen ihrer Blätter machen, bei weniger solventen Titeln anzurechnen.
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