: Tanz den Doppelgott
■ Aztekisches Tanztheater „Omeoteotl“ im Haus Drei
Eine Geburt auf der Bühne wäre schon etwas Besonderes. Hier aber wird nichts weniger ins Leben gerufen als der Kosmos. Zu diesem Zweck haben die Tänzerin Saide Sesin und die französische Tänzerin und Malerin Claire Le Touze gemeinsam eine Choreographie entwickelt, die auf den Figuren der aztekischen Zeichenschrift basiert. In ihrem Tanz gelingt es ihnen, die Sprache dieser Zeichen zum Leben zu erwecken.
Aus dem Dunkel heraus wird die Schöpfungsgeschichte wiedergeboren. Omeoteotl, der höchste aztekische Gott, weiblich und männlich zugleich, wird durch den Dialog mit seinem Herzen existent. Der Feuergott, ebenfalls zweigeschlechtlich, gesellt sich dazu, und Omeoteotl lehrt ihn/sie die Kunst des Tanzes, damit und mit der Musik beginnt das Leben.
Seit der spanischen Invasion vor 500 Jahren wird mit allen unrechten Mitteln versucht, diesen Kult auszurotten. Doch in den Tanzritualen der mexikanischen Concheros, auf die sich die Choreographie von Omeoteotl bezieht, ist diese Tradition lebendig geblieben Schließlich erhebt sich der Tanz des Weißen Adlers mit einem kriegerischen Spektakel. Es führt vor Augen, daß mit dem Leben zugleich der Tod geboren wurde, daß Werden und Vergehen zusammengehören.
Michael Schrötter
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