Tagebau in Brandenburg: Volksbegehren auf kleiner Flamme
Selbst Dinosaurier können die Brandenburger nicht hinter dem Ofen hervorlocken: Das Volksbegehren gegen neue Tagebaue für Braunkohle läuft schlecht. Zu groß ist die Hürde, denn wer dagegen ist, muss in den Meldeämtern seine Unterschrift leisten.
Das Volksbegehren "Keine neuen Tagebaue in Brandenburg" geht angeschlagen in die Endrunde. Zu wenig BrandenburgerInnen haben bisher auf den Meldeämtern mit ihrer Unterschrift der braunkohleverliebten Politik der Brandenburger Landesregierung eine Absage erteilt. 80.000 Unterschriften werden gebraucht. Zur Halbzeit im Dezember waren es 6.200.
Mit aller Macht stemmen sich die OrganisatorInnen des Volksbegehrens gegen das Desinteresse. Einen riesigen, Dinosaurier ähnlichen, Kohlosaurus haben sie gezimmert. Damit touren sie durch die Provinz. Das Sechs-Meter-Monster entlässt regelmäßig Kohlendioxid-Ballons in die Luft. Je größer der Auftritt, desto mehr Rummel, lautet die Hoffnung der Initiatorinnen. Spannend finden es aber nur die Kinder.
Die Zeit drängt. Der Stromkonzern Vattenfall will mindestens vier neue Tagebaue in Brandenburg aufschließen. Mehrere tausend Menschen sollen für die Pläne Vattenfalls umgesiedelt werden. Die drei Dörfer Kerkwitz, Grabko und Atterwasch kämpfen schon jetzt um ihre Existenz.
Auch Klimaschützer laufen Sturm. Braunkohle ist der klimaschädlichste aller fossiler Brennstoffe. Weitere Tagebaue bedeuten Millionen Tonnen zusätzliche Kohlendioxid-Emissionen. Bei einem Erfolg des Volksbegehrens müsste sich der Brandenburger Landtag mit einem Gesetzesentwurf zum Ausstieg aus der Braunkohleverstromung in der Lausitz beschäftigen.
Am Freitag war der Kohlosaurus in Fürstenwalde. Unter der Stadt liegt ebenfalls eines der größten Braunkohlevorkommen in Brandenburg. Die 33.000 FürstenwalderInnen beeindruckt das jedoch wenig. Gerade 188 haben bis jetzt für das Volksbegehren unterschrieben. "Fürstenwalde ist zu groß. Die werden uns schon nicht abbaggern", sagt Christina Krüger. Die 52-jährige verkauft auf dem Markt Textilien und beäugt den Kohlosaurus skeptisch. "Viele leben hier von der Braunkohle. Ohne Kohlekraft gehen uns die Lichter aus". Solche Argumente geben Vattenfall und die Landesregierung in ihrer Braunkohlepropaganda vor.
Schwer gemacht wird es dem Bündnis gegen die Braunkohle, in dem sich Bürgerinitiativen und Umweltverbände sammeln, auch von der Brandenburger Verwaltung. Dass die Braunkohlegegner auf die Meldeämter gehen müssen, um ihre Unterschriften abzugeben, ist eine riesige Hürde. Darin liegt die Ursache, warum in Brandenburg noch nie ein Volksbegehren erfolgreich war. Zahlen über den aktuellen Stand der Unterschriften geben die Verwaltungen ebenfalls nur widerwillig heraus.
"Den Menschen hier ist nicht klar, dass es auch sie selbst betrifft", meint Falk Hermenau, Koordinator des Volkgsbegehrens Keine neuen Tagebaue. "Horno sollte das letzte Dorf sein, das für den Tagebau weichen muss - heute sehen wir, dass dieses Versprechen nichts wert war."
Immerhin, auch in Fürstenwalde gibt es Unterstützer des Volksbegehrens auf dem sonst karg besuchten Marktplatz: "Ich werde unterschreiben", sagt Rentner Siegried Strübing. "Man muss sich für die vernünftigere Alternative entscheiden und an die Zukunft denken. Die liegt nicht in der Braunkohle, sondern in erneuerbaren Energien".
Auf Menschen wie Strübing hofft das Volksbegehren auch in Frankfurt Oder, Cottbus und Falkensee, wo der Kohlosaurus demnächst noch Halt macht - vor dem Finale der Tour in Potsdam. Elf Tage sind noch Zeit.
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