Tafelsilber: Präventiv gegen Privatisierung
Gewerkschaft Ver.di startet Volksinitiative für ein Vetorecht des Volkes beim Verkauf öffentlicher Unternehmen. Der Senat schließt weitere Veräußerungen nicht aus.
Öffentliche Unternehmen sollen in Zukunft nur noch verkauft werden können, wenn das Volk zustimmt. Eine entsprechende Klausel will die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di in die Hamburgische Verfassung aufnehmen lassen. Ver.di hat dazu eine Volksinitiative gestartet, die bis zum 16. August 10.000 Unterschriften sammeln muss. Ziel ist ein Volksentscheid zusammen mit der Bürgerschaftswahl Anfang 2012. "Wir wollen den BürgerInnen dieser Stadt ein Vetorecht bei Privatisierungen einräumen", sagt Ver.di-Landesvorsitzender Wolfgang Rose.
Die Liste des öffentlichen Eigentums, das die vergangenen Senate verkaufen ließen, ist lang: vom den ehemaligen HEW, HeinGas, dem Landesbetrieb Krankenhäuser und 49 Prozent des Flughafens bis hin zum Gebäude der Finanzbehörde. Die Senate begründeten die Verkäufe damit, dass nur durch die so erzielten Einnahmen eine Chance bestehe, den Haushalt zu konsolidieren. Davon ist der Senat so weit entfernt wie ehedem - trotz Rekordeinnahmen 2007 und 2008. Aktuell gibt der Senat für den laufenden Betrieb 500 Millionen Euro mehr aus als er einnimmt.
Zwar rede im Senat zurzeit niemand davon, weiteres Tafelsilber zu verkaufen, sagt Rose. Dennoch sei "die Bedrohung durch Privatisierung nicht gebannt". Die FDP, die Privatisierungen nicht abgeneigt ist, sei bei der jüngsten Bürgerschaftswahl nur knapp an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und auch der Wirtschaftsflügel der CDU befürworte Privatisierungen aus ordnungspolitischen Gründen.
2003 hat der CDU-geführte Senat vier Kategorien von Unternehmen geschaffen, für die unterschiedliche Verkaufsbedingungen gelten. Sie sind sortiert nach ihrer Bedeutung für
Die Infrastruktur: Hier will der Senat mindestens 51 Prozent behalten.
Den Wirtschaftsstandort: Mindestens 25,1 Prozent sollen bei der Stadt bleiben.
Fachspezifische Ziele: Eine Mindestbeteiligung gilt als geboten.
Der Rest - kann weg.
Die Gewerkschaft verweist auf die Antwort zu einer Kleinen Anfrage der SPD. Demzufolge schließt der Senat weitere Verkäufe nicht aus: Es gelte nach wie vor der Beschluss von 2003, in dem die öffentlichen Unternehmen nach Veräußerungsprioritäten geordnet wurden.
Ver.di möchte bei allen Unternehmen, die dem Gemeinwohl, der Daseinsvorsorge oder der Infrastruktur dienen, den Verkauf von einem Volksentscheid abhängig machen. Als Beispiele nennt die Gewerkschaft die Saga/GWG und die Stadtentwässerung ebenso wie die Hochbahn, die Stadtreinigung, das Universitätsklinikum Eppendorf, die Theater, den Flughafen und die Wohnungsbaukreditanstalt.
Ver.di vertritt als Gewerkschaft die Belegschaften der öffentlichen Unternehmen. Die Beschäftigten der Hochbahn (HHA) hätten schon auf bis zu 20 Prozent ihres Lohns und auf Sozialleistungen verzichtet, sagt der stellvertretende HHA-Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Zwickert. Ein Verkauf wäre Verrat an der Belegschaft, der einen weiteren Lohn- und Sozialabbau nach sich ziehen würde.
Dittmar Loose, Betriebsratsvorsitzender der Saga/GWG weist darauf hin, dass ein Verkauf eine jahrzehntelange Aufbauleistung zunichte mache. Aus vielen öffentlichen Wohnungsunternehmen, die verkauft worden seien, hätten die neuen Eigentümer Geld gezogen.
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