piwik no script img

TV-TipHeruntergeschrubbt

■ "Endstation Babystrich"

„Endstation Babystrich“, 20.15 Uhr, Sat.1

Bekanntlich dient der TV-Kanal Sat.1 der Verständigung unter Menschen und der Aufklärung über Übelstände an und für sich sowieso. So erklärt sich auch schnell, weshalb die privaten Kanalarbeiter werktags Fernsehspielfilme servieren.

Was heute abend zur Ausstrahlung kommt unter dem Titel „Natalie – Endstation Babystrich“, zeigt sich diesem heimlichen Anspruch auf Wahrheit verpflichtet: Zwar streng klischiert, zwar immer hart am Rande der Kolportage, wird die Geschichte eines behüteten Mädchens erzählt, deren Eltern (grauenhaft gespielt von Nina Hoger und Udo Schenk) rechtschaffen in ihrem hessischen Eigenheim vor den Toren Frankfurts vor sich hinaltern und doch nicht verstehen können, warum ihre Tochter plötzlich von einer Lust auf tolle Klamotten und Glamour schlechthin überfallen wird.

Und weil dies alles so drängend heruntergefilmt wurde (Pressemappe: „Kinderprostitution – viele Deutsche verdrängen das Problem“), wollen wir auch gar nicht meckern über die unfähigen Schauspieler, über ein Drehbuch, das offenbar von den Verantwortlichen unter schweren Halluzinationen heruntergeschrubbt wurde und wirklich auch mit keinen Platt- und Derbheiten spart (der Zuhälter trägt selbstredend lange Haare und ist auch sonst anfänglich ganz herzig, ehe es natürlich zum traurigen Ende kommt, so mit Blut, Kurzschlußreaktionen und anderen Dingen, die unschwer als dramaturgische Zuspitzung zu erkennen sind), also auch geschenkt das Gemosere über eine Art TV- Schaffen (Regie: Hermann Zschoche), das an Vorurteile so schwerelos anknüpft wie die Bild-Zeitung – in ihrem Fach – an völkische Ressentiments.

Nur eines muß offenbleiben: die Antwort auf die Frage, wie viele von den Anzugträgern auf der Presseshow an der Hamburger Reeperbahn selbst schon als Kunden am Rande des Babystrichs geparkt haben. Man hätte gerne mehr erfahren, ja Bekennermut erwarten dürfen. Aber sie haben gekniffen, die Schlappschwänze mit den Budgets für TV-Spiele.Jan Feddersen

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen