TV-Portrait Ulrich Mühe: Ende mit Schrecken
Ein Jahr nach Mühes Tod zeichnet das Fernseh-Porträt "Jetzt bin ich allein" ein zwiespältiges Bild.
"Heiliger Boden", sagt Ulrich Mühe und klopft auf die Bühnenbretter des Deutschen Theaters in Berlin, an dem er in Heiner Müllers "Hamlet/Hamletmaschine" 1990 einen seiner größten Theatererfolge feierte.
Genau dorthin hat Christoph Rüter für seinen Dokumentarfilm "Jetzt bin ich allein" einige Weggefährten Mühes bestellt, um über den vor einem Jahr gestorbenen Schauspieler zu sprechen. Er wird wohl auch Absagen kassiert haben: Die Schlammschlacht mit Mühes knapp ein Jahr vor ihm auch an Krebs gestorbener Exfrau Jenny Gröllmann trübte dessen Image und den Erfolg von "Das Leben der Anderen", der die Debatte um Gröllmanns vermeintliche Stasimitarbeit ausgelöst hatte.
"Ich glaube, so etwas habe ich zum letzten Mal in einer antiken Tragödie gelesen", sagt der Schauspieler Thomas Thieme betrübt, der mit Mühe in Thomas Ostermeiers Inszenierung von Sarah Kanes "Zerbombt" auf der Bühne stand. Daraus zeigt Rüter ebenso Ausschnitte wie aus dem Defa-Film "Hälfte des Lebens", der Mühe und Gröllmann 1984 zusammenführte. "Wenn man weiß, wie es endet zwischen den beiden, dann ist das schon erschütternd", sagt Regisseur Herrmann Zschoche.
Doch zum Glück vergisst Rüter darüber nicht den Schauspieler Ulrich Mühe, den alle interviewten Regisseure und Schauspielerkollegen sehr zu vermissen scheinen. "Einen der intelligentesten Schauspieler, die mir untergekommen sind", nennt ihn etwa Michael Haneke, der mit Mühe "Funny Games" gedreht hat und der neben Heiner Müller als Mühes Lieblingsregisseur gilt. Gesine Cukrowski, die neben ihm in der ZDF-Serie "Der letzte Zeuge" spielte, die Mühe im wiedervereinigten Deutschland erst so richtig bekannt machte, erzählt, dass sie sich "ein bisschen verknallt" habe, als sie ihn zum ersten Mal auf der Leinwand gesehen habe.
"Vor der Kamera zahlt man cash", sagt Mühe in einer der Archivsequenzen, "da ist man, wer man ist." Eindeutig ist Rüters Blick auf Mühe keineswegs. Damit das auch jeder merkt, hat er für die Dreharbeiten auf der Bühne des Deutschen Theaters einen Januskopf mit den Zügen Mühes installiert.
Samstag, 20.15 Uhr, auf 3sat
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?