TV-Duell in Kiel: Vorteil für Stegner
Im Fernsehduell vor der Landtagswahl in Schleswig-Holstein schwächelt SPD-Spitzenkandidat Ralf Stegner inhaltlich, punktet aber mit kühler Rhetorik, während sich Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) im Gezänk verzettelt.
Der Amtsinhaber erschien seriös, im Anzug mit Krawatte, Haar und Bart strahlend weiß. Der Herausforderer gab sich locker, der Hemdkragen offen, von der Fliege, seinem Markenzeichen, war nichts zu sehen, das Haar kunstvoll gezaust. Beim TV Duell im NDR-Fernsehen gaben sich Peter Harry Carstensen, CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, und Ralf Stegner, Spitzenkandidat der SPD, schon optisch Mühe, Gegensätze zu verkörpern. Vier Tage vor der Landtagswahl versuchten beide in dem einstündigen Schlagabtausch, unentschlossene WählerInnen zu gewinnen.
Moderator Andreas Cichowicz, Chefredakteur des NDR, versuchte zu Anfang, eine Brücke zu bauen: „Wollen Sie hier das Kriegsbeil begraben?“ Nein, wollten sie nicht, auch Beschimpfungen nicht zurücknehmen, da es sie nie gegeben habe: Er habe Stegner nie „Kotzbrocken“ genannt, sagte Carstensen, und Stegner beteuerte, das „dicke runde Nichts“ sei gar nicht auf den Ministerpräsidenten gemünzt gewesen. Nachdem das geklärt war, machten beide munter weiter: Sie fielen einander ins Wort, beschuldigten sich gegenseitig: „Sie sagen wieder die Unwahrheit, Herr Stegner“ und „Carstensen ändert seine Meinung wie die Windrichtung“.
Inhaltlich war Stegner bei einigen Themen in der Defensive, beispielsweise bei der HSH Nordbank-Krise: Carstensen warf ihm vor, dass er als ehemaliger Finanzminister zu selten bei Aufsichtsratsitzungen dabei gewesen sei. Stegner erklärte, er habe sich nichts vorzuwerfen. Die Hauptfehler seien nach seiner Amtszeit passiert. Den heutigen Geschäftsführer Jens Dirk Nonnenmacher werde er, Stegner, entlassen. Carstensen will an dem Manager festhalten. Ein Streit über eine Bonuszahlung an Nonnenmacher war ein Auslöser für den vorzeitigen Bruch der großen Koalition in Kiel gewesen.
Carstensen reagierte oft aufgebracht und emotionaler: „Nun seien Sie doch mal still!“, fuhr er auf. Stegner stellte daraufhin fest, der „liebe Kollege Carstensen“ sei „wohl ein bisschen nervös“. Der SPD-Spitzenkandidat betonte mehrfach seine wichtigsten Wahlkampfthemen Bildung, Energiewende und Arbeit, während Carstensen versuchte, ihm Fehler nachzuweisen. Er sei gewöhnt, dass die CDU sich an ihm abarbeite, meinte Stegner.
Abarbeiten mussten beide offenbar auch ein paar Details ihrer vierjährigen Streitbeziehung: „Ständig kamen Sie an und wollten wieder Studiengebühren einführen“, erinnerte sich Stegner, und Carstensen grollte: „Beim Koalitionsausschuss hatten Sie nur ein einziges Konzept dabei.“ Bei der Frage nach Koalitionsmöglichkeiten nach der Wahl betonte Carstensen, er halte Schwarz-Gelb für wahrscheinlich. Er habe aber auch ein gutes Verhältnis zu den Grünen. Eine Neuauflage der großen Koalition schloss er nicht aus – aber nur ohne Stegner: „Wir hatten nie ein Problem mit der SPD, nur mit Herrn Stegner.“ Stegner konterte, darüber entscheide der Wähler. Er warf Carstensen "Arroganz der Macht" vor, weil er versuche, in Personalfragen im Vorhinein Festlegungen zu treffen.
Stegner erklärte, er wolle keine „linke Regierung bilden, sondern eine gute“. Die Grünen hätten inhaltlich größere Überschneidungen mit der SPD als mit der CDU. Reden werden er mit allen demokratischen Parteien. Offen ließ er, ob er sich die Tolerierung einer Minderheitenregierung durch die Linkspartei vorstellen könne.
Es war das einzige TV-Duell der beiden Kontrahenten vor der Wahl. Laut Umfragen ist das Rennen noch offen, zahlreiche WählerInnen im Land sind noch unentschlossen.
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