TV Arabia der Deutschen Welle in der Kritik: Mehr Profis für Arabien
Das arabische TV-Programm der Deutschen Welle steht in der Kritik: Maue Resonanz und Kungeln mit Diktatoren wird dem öffentlich-rechtlichem Auslandssender vorgeworfen.
Der öffentlich-rechtliche Auslandssender Deutsche Welle verbreitet Aufbruchstimmung. Anfang der Woche präsentierte man ein reformiertes TV-Programm mit ausgeweiteter Lateinamerika-Berichterstattung, auch online gab es einen Relaunch. Von einem "Meilenstein auf dem Weg zu einem Multimedia-Unternehmen" ist die Rede.
Noch besser gelaunt wäre man an den Standorten in Berlin und Bonn, wenn ein Prüfungsverfahren des Bundesrechnungshofs abgeschlossen wäre, das die Förderung des arabischen TV-Programms der Deutschen Welle (DW) durch das Auswärtige Amt (AA) betrifft. Hintergrund: Die DW wird, anders als ARD und ZDF, nicht aus Rundfunkgebühren finanziert, sondern aus Steuergeldern.
Martin Winter, Sprecher des Bundesrechnungshofs, sagt, da es sich um "ein laufendes Verfahren" handle, könne er sich zu Details nicht äußern. Nach taz-Informationen kritisiert der Rechnungshof unter anderem, dass das AA die Ziele seiner Förderung nicht definiert und auch keine hinreichenden Erfolgskontrollen durchgeführt habe, obwohl kritische Stimmen auf die mangelnde Wirkung des seit 2002 bestehenden Programms hingewiesen hätten.
Ein AA-Sprecher sagt dazu, man nehme die Ergebnisse des Bundesrechnungshof "sehr ernst". Die Förderung "in der bisherigen Form" sei 2011 ausgelaufen. Angesichts "der historischen Umbruchsituation in der arabischen Welt" sei es aber "wichtig", dass die DW dort "ihren politischen Bildungsauftrag" erfülle. Deshalb fördere das AA nun "einzelne konkret umrissene Projekte". Davon profitieren vier im September 2011 eingeführte Talkformate.
382 Abonnenten
Inwieweit die DW in der Region jemals "ihren politischen Bildungsauftrag" erfüllt hat, ist schwer zu beurteilen. Die Datenlage ist mau, denn der Sender erforscht die Resonanz nur punktuell, etwa für "Jugend diskutiert" ("Shababtalk"), eines der vom AA geförderten Formate. Die Sendung, gemeinsam mit dem ägyptischen Privatsender Al Hayah produziert, habe in den ersten drei Wochen in Ägypten 14 Prozent der TV-Zuschauer erreicht, meldete die DW im November.
Man könne für so unterschiedliche Länder wie Libanon oder Marokko keine Gesamtquoten erheben, sagt Maren Wintersberg, Leiterin der Fremdsprachenprogramme bei der DW. Das sei für einen "unterfinanzierten" Sender zu kostspielig.
So muss man sich bei der Einschätzung der Resonanz auf Indizien stützen: Der YouTube-Kanal von DW-TV Arabia etwa hat gerade mal 382 Abonnenten. Al Hurra, der vom Kongress finanzierte US-Auslandsender für die arabische Welt, hat mehr als 6.000. "Die Nutzung ist im Vergleich mit den internationalen Wettbewerbern gering", heißt es dann auch im "Evaluationsbericht" 2010 der DW an den Bundestag. Gemeint sind unter anderem al- Dschasira und der News-Sender al-Arabija, die, weil sie die Herrscherfamilie Katars beziehungsweise saudische Investoren hinter sich haben, finanziell ein paar Ligen höher spielen als DW-TV Arabia, das nur 6 Millionen Euro per anno zur Verfügung hat.
Fragwürdige Kooperation
Alles eine Frage des Geldes? Der Politologe Mohammed Khallouk, der DW-TV Arabia regelmäßig verfolgt, schlägt in einem Artikel für die "Stiftung Wissensraum Europa - Mittelmeer" vor, "vermehrt Mitarbeiter auszuwählen, die eine vollständige journalistische Ausbildung hinter sich haben". Mit anderen Worten: In puncto Professionalität gibt es Luft nach oben.
Zudem ist das Image von DW-TV Arabia beeinträchtigt, weil man lange mit den öffentlich-rechtlichen Sendern autoritärer arabischer Staaten kooperierte - mit Propagandasendern also. Die Kooperationen habe man Ende 2010, im Zuge der sich anbahnenden Umbrüche in der Region, beendet, betont Maren Wintersberg. Konkurrenten wie das arabische Programm von France 24 oder BBC Arabic hatten von solchen Partnerschaften von vornherein abgesehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Linke gegen AfD und BSW
Showdown in Lichtenberg
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Auf dem Rücken der Beschäftigten