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Archiv-Artikel

TROTZ SEINES SIEGES HABEN DIE WAHLEN MUBARAKS LEBEN ERSCHWERT Pyrrhussieg eines ägyptischen Pharaos

Ist das demokratische Glas halb voll oder halb leer? Das ist die grundsätzliche Frage, nach den ersten ägyptischen Präsidentschaftswahlen, in denen sich Präsident und bisher de facto Pharao Hosni Mubarak erstmals mehreren Herausforderern stellen musste. Alt ist, dass der Sieg des Pharaos dank schwacher und unbekannter Gegenkandidaten nie in Frage gestellt war. Neu war, dass an den Ufern des Nils während des Wahlkampfs eine Atmosphäre geschaffen wurde, in der sich die offene Diskussion und Kritik am existierenden Regime nach Jahrzehnten politischer Stagnation zum nicht mehr umkehrbaren Standard entwickelt hat.

Den Raum, den sich die Oppositionsparteien und Dissidenten in den letzten Wochen des Wahlkampfs erobert haben, kann von Mubarak und seiner regierenden National Demokratischen Partei nicht mehr zurückgefordert werden. Zu diesem Raum gehört es auch, dass dem Regime fortan in der Öffentlichkeit genau auf die Finger geschaut wird. Der Pharao ist gegenüber seinem Volk rechenschaftspflichtig geworden. Die jetzigen Wahlen waren eine erste vorsichtige Generalprobe dieser neuen Dynamik.

Die Wahlbeteiligung und die „Sauberkeit“ des Wahlgangs ließen erwartungsgemäß zu wünschen übrig. Die nur 23-prozentige Beteiligung und der Wahlbetrug werden an der Legitimität des Regimes nagen, das alles daran setzt, sein Image im Westen und vor allem gegenüber Washington zu verbessern. Und doch wurde durch die tabufreien Diskussionen im Wahlkampf ein Markstein für die Parlamentswahlen im November gesetzt, bei denen Mubaraks Regierungspartei mit Muslimbrüdern, Nasseristen und Linken ernsthafte Gegner gegenüberstehen werden.

So gesehen war die Präsidentschaftswahl paradox: eine Farce und ein Neuanfang. Hosni Mubarak war nie in Gefahr, sein Amt zu verlieren. Aber die gesetzten Standards, die heute sein politisches Überleben gesichert haben, setzten einen Prozess in Gang, an dessen Ende es erstmals nach 7.000 Jahren ägyptischer Geschichte keinen Pharao mehr geben wird. KARIM EL-GAWHARY