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Syrienfrage vor UN-VersammlungAngst vor einem Schlachtfeld

Vertreter der UNO und der Arabischen Liga warnen vor einer noch stärkeren Eskalation des Syrienkriegs. Die Blockade des Sicherheitsrates sei schockierend.

US-Außenministerin Hillary Clinton mit dem Generalsekretär der Arabischen Liga Nabil al-Arabi: „Regionales Schlachtfeld Syrien“. Bild: reuters

NEW YORK afp/dapd | Die UNO und die Arabische Liga haben vor einer Ausweitung des Bürgerkriegs in Syrien gewarnt. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der internationale Syrien-Sondergesandte Lakhdar Brahimi und der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, berieten am Donnerstag am Rande der UN-Generaldebatte in New York über die „fürchterliche Gewalt“ in Syrien, wie ein Sprecher Bans mitteilte. Die drei internationalen Topdiplomaten drückten den Angaben zufolge die Befürchtung aus, dass sich Syrien zu einem „regionalen Schlachtfeld“ entwickeln könnte.

Nach Oppositionsangaben sind in Syrien seit Beginn der Kämpfe im März 2011 mehr als 30.000 Menschen getötet worden, die meisten von ihnen Zivilisten. Ban, Brahimi und al-Arabi zeigten sich „zutiefst besorgt“ über die „Grausamkeit der Menschenrechtsverletzungen“, die sowohl von den Truppen von Staatschef Baschar al-Assad als auch von den Rebellen begangen worden seien.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) traf am Donnerstag am Rande der UN-Generaldebatte mit dem Vorsitzenden des oppositionellen Syrischen Nationalrats (SNC), Abdel Basset Sajda, und weiteren SNC-Vertretern zusammen. Westerwelle verlangte dabei, dass sich die verschiedenen Strömungen der Opposition zusammenschließen müssten.

„Es ist zwingend notwendig, dass die Oppositionsgruppen in- und außerhalb Syriens eine gemeinsame Sprache und Agenda finden“, erklärte Westerwelle. „Nur gemeinsam haben sie eine Chance, gegen die Unterdrückungsmaschinerie Assads zu bestehen.“ Der Außenminister sagte der syrischen Opposition die weitere Unterstützung Deutschlands zu.

Am Rande der UN-Vollversammlung empfängt US-Außenministerin Hillary Clinton am Freitag die „Freunde Syriens“. Die Gruppe, zu der die USA, die Europäische Union und die Arabische Liga gehören, bemüht sich um eine bessere Zusammenarbeit der syrischen Oppositionsgruppen. Russland, China und der Iran sind an den Gesprächen nicht beteiligt. Auch Westerwelle nimmt an dem Treffen der internationalen Kontaktgruppe teil.

Russland und China haben im Weltsicherheitsrat drei Resolutionen blockiert, mit denen der syrische Präsident Baschar Assad zu einem Ende der Gewalt gedrängt werden sollte. Clinton hat erklärt, Assad ermorde sein eigenes Volk, während der russische Außenminister Sergej Lawrow, der am Freitag vor der UN-Vollversammlung spricht, den USA und ihren Verbündeten vorwarf, den Terrorismus in Syrien anzustacheln.

Der französische Außenminister Laurent Fabius nannte es schockierend, dass der Sicherheitsrat nicht handeln könne. Der britische Premierminister David Cameron verurteilte den Tod von syrischen Kindern als einen Makel all derjenigen, die sich diesen Grausamkeiten nicht widersetzt hätten - eine Anspielung auf Russland und China.

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5 Kommentare

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  • HK
    Henner Kroeper

    Der Artikel von von Ant-iPod:

    Das ist ja an Scheinheiligkeit kaum noch zu überbieten...

     

    Ehrliche Überschrift für undurchsichtigen Leserbrief.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Begriffe und Inhalte fallen immer mehr auseinander.

    Kurz auch Lügen genannt. Und diese werden immer frecher, da es keine Instanz in unser so "freien" Welt gibt, die das Risiko der Wahrheit eingeht.

    NATO&Co ermordeten zehntausende Libyer.

    Obama, Cameron, Hollande=Sarkozy die Massenmörder von Libyen stehen immer noch auf der Bühne.

    NATO&Co ermorden zehntausende Syrer.

    Das Publikum sitzt immer noch auf seine Plätzen und schaut zu. Nicht einmal zum Werfen von faulem Obst auf diese miese Schauspieltruppe reicht es.

     

    @Ant-iPod

    Die wahrscheinlicheren Fälle:

     

    "1. Wir können den Despoten dabei unterstützen, sein Volk weiter zu unterjochen ..."

    1. Wir können die Massenmörder von NATO&Co dabei unterstützen, das syrische Volk mit Terror zu überziehen.

     

    "2. Wir engagieren uns selbst militärisch - ob wir dabei noch mehr zerstören, als es die syrische Armee ohnehin bereits unternimmt, kann man getrost in Zweifel ziehen ..."

    2. Wir engagieren uns selbst militärisch und führen einen neokolonialen Krieg, um Marionetten von NATO&Co zu installieren und die Existenz des Kapitalismus zu verlängern, auch durch Balkanisierung.

     

    "3.Wir machen weiterhin wie bisher nicht wirklich viel, sehen zu wie anachronistische Monarchien ihre ganz eigene Politik in und mit Syrien fahren, die demokratische Opposition ..."

    3. Wir machen weiterhin wie bisher nicht wirklich viel, außer daß wir weiterhin den Terrorismus und eine nichtvorhandene demokratische Opposition, die innere friedliche wird natürlich ignoriert, durch Presse und NATO&Co fördern unter dem Deckmantel der non-lethal weapons, die in Libyen noch NATO&Co-Morden legitimierten.

    Natürlich hat Ant-iPod wieder einmal übersehen, wer die vielen Toten in Syrien sind und von wem zu verantworten.

    Ich kann Ant-iPod nur eine Situation wünschen wie in Syrien, er auf der terroristisch angegriffenen Seite um mich dann seiner Kommentare zu erfreuen.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Syrien ist der angegriffene Staat. Die TAZ betreibt selber ziemlich perfide Machtspiele, wenn sie die Wahrheit ständig verfälscht. Was haben al-Qaida Freischärler in Syrien zu suchen? Was macht die CIA dort? Warum betteln die "Freunde Syriens" im Ausland ständig um Bombardements ihrer Heimat? Warum zahlt Katar Sold, Waffen und Munition für die Freischärler? Damit wird geltendes Völkerrecht gebrochen. In Den Haag müssen Zellen bereitgestellt werden.

  • HS
    Hari Seldon

    @Ant-Ipod:

     

    Es gibt noch andere Varianten. Zum Beispiel Turkey und die Ölmonarchien sollten nicht durch die westlichen Raubritter erpresst werden, und denen sollte gesagt werden: Ab jetzt keine Einmischung in Syrien. Falls der Geldhahn abgedreht wird, werden die Kopfabschneider (pardon "Demokraten", "Freiheitskämpfer", usw.) sehr schnell abhauen: Wie der Spruch sagt: Die Kohle spricht, und der Hund bellt. Falls die Kohle stimmt, sind die Söldner sofort "Demokraten", usw. Genau wie auch in Russland: Falls der Inhalt des Briefumschlags stimmt, werden die "Demokraten" für "Demokratie" demonstrieren. Falls stimmt die Kohle für "Demokratie" nicht, wird dann eine neue, besser bezahlte Beschäftigung gesucht.

     

    Die Bevölkerung in Aleppo konnte sehr gut ohne "Befreiung" leben, und die Mdort lebenden Menschen wurden nicht gefragt, ob die Bevölkerung "Befreiung" wünschen würde. Dann waren die Raubhorden plötzlich da, und es ist kein Zufall, dass die Bevölkerung die Armee für den Schutz der Zivilbevölkerung gerufen hat. Genau wie in Damaskus und in vielen Ortschaften in Syrien.

  • A
    Ant-iPod

    Das ist ja an Scheinheiligkeit kaum noch zu überbieten...

     

    Es gibt im Prinzip drei Möglichkeiten und bei allen dreien ist die UNO kein Problem, wenn man seine Interessen waren will. Diese nun als Ausrede herzuziehen ist ein sehr durchsichtiges Manöver.

     

    1. Wir können den Despoten dabei unterstützen, sein Volk weiter zu unterjochen und sich dabei persönlich zu breichern. Wenn dies unser Interesse ist, dann können wir Assad ja über die bereits gelieferte Internet-Überwachungssoftware hinaus mit allem notwendigem Versorgen.

     

    2. Wir engagieren uns selbst militärisch - ob wir dabei noch mehr zerstören, als es die syrische Armee ohnehin bereits unternimmt, kann man getrost in Zweifel ziehen. Es hätte jedenfalls den Vorteil, dass man nicht unzählige uneinige Gruppen weiter bewaffnet, die hinterher wieder jemand entwaffnen muss und wie gut das klappt sehen wir derzeit ja in Libyen und die sind nur 6 Millionen und nicht 21 Millionen.

    Hat natürlich den Nachteil, dass man in die Bütt muss und es Geld kostet und Menschenleben und die Assad-Jünger natürlich wieder mit dem albernen Neo-Kolonialismusvorwurf und angeblicher Menschenverachtung etc. kommen werden (und das bei einem Diktator, der mit Menschenverachtung und Mord derzeit wahrlich nicht sparsam ist) und generell niemand so wirklich Lust auf Krieg hat. Außerdem sind uns billiges russisches Gas und billige DVD-Spieler aus China doch sehr wichtig und unsere Nobelkarossen sollen die ja gefälligst auch kaufen.

    Dennoch bleibt die Frage zu klären, welcher Waffenträger hinterher die öffentliche Ordnung sicherstellt.

     

    3. Wir machen weiterhin wie bisher nicht wirklich viel, sehen zu wie anachronistische Monarchien ihre ganz eigene Politik in und mit Syrien fahren, die demokratische Opposition dadurch sukzessive immer mehr durch religiöse Spinner gefährdet und unterwandert wird und im Endeffekt das Leiden der Syrer verlängert, die Aussöhnnung der Volksgruppen erschwert, die Infrastruktur und der Reichtum des Landes durch Assads Luftwaffe und Artillerie vernichtet, die Zahl der Menschenrechtsverletzungen, Massaker und sonstiger Verbrechen von allen Beteiligten - JA, auch der Opposition - immer weiter ausufern werden und wir in regelmäßigen Abständen wie bisher konstatieren:

    "Es muss etwas getan werden - wir wünschten, wir könnten helfen, aber eigentlich wollen wir nicht und um dies zu kaschieren, beschuldigen wir die Russen und Chinesen, dass sie daran schuld seien."!

     

    Wen kümmern da schon zehntausende tote Syrer ...

    Hier wird eiskalte Interessenpolitik betrieben, bei der Humanität und Menschenrechte keine Rolle spielen. Weil man sich dessen aber offenbar doch ein wenig schämt, wird dieser diplomatische Zirkus medial zelebriert - ehrlich und ehrenwert ist das alles nicht. Die Wahl für Option nummer 3. ist doch längst gefallen - dann steht wenigstens dazu.