: Syrer vertreiben Hizbollah aus Beirut
■ Beim Sturm auf das Hizbollah–Hauptquartier töteten syrische Soldaten 23 Milizionäre / Unklarheit über Schicksal der ausländischen Geiseln / Syrische Soldaten sollen alle bewaffneten Milizionäre erschießen
Beirut (ap/afp) - Beim Einmarsch syrischer Truppen in den Westbeiruter Stützpunkt der extremfundamentalistischen Schiitenorganisation Hizbollah (Partei Gottes) ist es am Dienstag abend erstmals seit Beginn der jüngsten syrischen Intervention im Libanon zu schweren Kämpfen gekommen. Dabei wurden am Mittwoch 23 Milizionäre der proiranischen Organisation getötet und sieben weitere verletzt. Zuvor hatten die Syrer die Stützpunkte der miteinander verfeindeten drusischen Miliz und der schiitischen Amal übernommen. In einem Kommunique des syri schen Befehlshabers wurde versichert, die Hizbollah–Milizionäre hätten das Feuer auf die Soldaten eröffnet. Dagegen spricht die Hizbollah von einem kaltblütigen Massaker. Die Syrer hätten nach Abschluß der zuvor vereinbarten Übernahme des Hauptquartiers der Hizbollah unbewaffnete Mitglieder der Gruppe gefangengenommen und getötet. Ein Krankenhausdirektor teilte mit, die Opfer seien mit Äxten erschlagen oder mit Bajonetten erstochen worden. Der Sprecher der Hizbollah sagte, die Entscheidung über das weitere Vorgehen der Organisation liege beim iranischen Revo lutionsführer Khomeini. Vor dem Abzug der Hizbollah aus ihrem Hauptquartier im Beiruter Stadtteil Basra verbrannten die Milizionäre Autoreifen, möglicherweise um im dicken Rauch den Abtransport ausländischer Geiseln zu vertuschen. Die meisten der 26 ausländischen Geiseln im Libanon, unter ihnen die beiden Deutschen Cordes und Schmidt, wurden von der Hizbollah entführt. Außer den jüngsten Hizbollah– Opfern sind im Zuge des syrischen Einmarsches in Westbeirut nach offiziellen Angaben 16 Personen ums Leben gekommen. Einige von ihnen wurden bei Hausdurchsuchungen der Syrer erschossen. Bei anderen handelt es sich vermutlich um libanesische Geiseln der verschiedenen Milizen, die von ihren Kidnappern bei der Aufgabe ihrer Stellungen getötet wurden. Am Dienstag nachmittag hatten syrische Soldaten außerdem drei drusische Milizionäre erschossen, die das Verbot mißachtet hatten, sich bewaffnet auf den Straßen zu bewegen. Die 7.000 syrischen Soldaten, die am Sonntag in Westbeirut einmarschiert sind, haben den Befehl, bewaffnete Milizionäre ohne jede Warnung zu erschießen, sobald sie sich auf der Straße zeigen.
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