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Archiv-Artikel

Synthetische Biologie Lebewesen aus der Retorte

Bisher haben Gentechniker bei der Entwicklung von neuen Produkten meist nur von der Natur abgeschaut: Kommerziell interessante Gene wurden isoliert und auf andere Organismen übertragen, um so für den Menschen neue Dienste zu übernehmen. Zunehmend setzten Forscher und Biotech-Unternehmen jedoch darauf, nicht einfach nur von der Natur abzukupfern, sondern gleich selbst zum Architekten von gänzlich neuen, im Reagenzglas erweckten Lebensformen zu werden. Synthetische Biologie ist das neue Zauberwort. Wissenschaftler der Wisconsin-Universität schufen vor wenigen Wochen eine neue Form des Darmbakteriums E. coli.

Ein Grippevirus, das 1918 nach verschiedenen Schätzungen weltweit zwischen 20 und 60 Millionen Menschen dahinraffte, wurde von US-Forschern nachgebaut. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis die erste vollständig vom Menschen ausgedachte Lebensform erschaffen wird. Selbst die synthetisch arbeitenden Biologen befürchten mittlerweile, dass mit ihren Ergebnissen Unheilvolles angerichtet werden kann. Diese Woche wollten sie auf ihrem Kongress Synthetic Biology 2.0 in Berkeley, Kalifornien, eine Selbstverpflichtung verabschieden, um zu verhindern, dass mit ihrer Technologie neue Biowaffen geschaffen werden. Dazu kam es nicht. Der Kodex wurde nicht verabschiedet. Auf weit gehende Ablehnung stieß auch ein offener Brief von rund 35 Organisationen, unter anderem der Etc-Group., Greenpeace und dem Third World Network, der ein Stopp der synthetischen Biologie forderte. WOLFGANG LÖHR