Susanne Stiefel, Katta Mayer und Anna Hunger : Bitte nicht winseln
Wir haben den Kontext-Männern freigegeben und Verstärkung von außen geholt. Zum 8. März haben wir zur Frauenredaktion geladen. Alles war möglich, bis auf eins: Bitte kein Gewinsel. Die eingeladenen Frauen diskutierten leidenschaftlich und klug mit uns Kontextfrauen über Sexismus, die Angst der Männer und die Feigheit der Frauen. Über Diversivität und darüber, ob Frauen die besseren Chefs oder gar Menschen sind oder ob die Quote etwas ändert und ob die Welt Maskulisten braucht. Ganz ohne Gejammer, dafür mit viel Selbstironie, Gelächter und vielen offenen Fragen. Klar, dass dabei auch Prosecco getrunken wurde – ein paar Klischees wollen wir schon bedienen.
Nicht alle, die wir gerne dabei gehabt hätten, konnten kommen. Der Illustratorin Friederike Groß etwa wurde von der Stuttgarter Zeitung beschieden, Kontext sei Konkurrenz, eine Mitarbeit in der dortigen Frauenredaktion werde nicht gerne gesehen. Nun wissen wir endlich, wie wichtig wir sind.
Unsere Gast-Redakteurinnen haben sich Zeit genommen. Warum sie mitgemacht haben? Hier ihre Antworten:
„Aus Neugier. Weil ich mehr Fragen als fertige Antworten habe: Was passiert gerade in unserer Gesellschaft, welche Chancen haben Frauen, vor allem die jungen Frauen? Gibt es ein Gemeinschaftsgefühl unter Frauen und trägt das auch dann noch, wenn Frauen in Führungspositionen kommen? Oder kommt es gar nicht so sehr auf Schwesternsolidarität an, sondern nur auf Vernunft und Pragmatismus aller, Männer und Frauen, weil Frauen schlichtweg gebraucht werden? Und welche Regeln geben sie sich dann, damit sie am Ende zufrieden sind mit sich selbst?“ Ingrid Eißele, Stern-Reporterin
„Trotz Artikel 3 des Grundgesetzes stellen sich Fragen angesichts der herrschenden Wirklichkeit. Wie steht es um die Gleichberechtigung der Geschlechter? Ganz grundsätzlich, wie geht eine Gesellschaft, die sich ihrer Vielfalt bewusster wird, mit Unterschieden um? Die Journalistinnen von Kontext setzen solche und andere Fragen in Recherchen um. Ihren Diskussionsprozess zu begleiten, war eine schöne Aufgabe. Ich habe mich gerne daran beteiligt.“ Sibylle Thelen, Abteilungsleiterin bei der Landeszentrale für politische Bildung
„Weil ich immer noch Antworten auf Fragen suche, wie: Warum liegt der Anteil der Studentinnen an einer Hochschule wie der Stuttgarter Kunstakademie bei 65 Prozent, der der Professorinnen aber nur bei 15 Prozent? Wo bleiben die Frauen nach dem Studium? Warum erobern Frauen mehr und mehr die politische Bühne, ohne dass sich die Lebensrealität von Frauen weltweit verbessert? Und warum stellen wir immer noch dieselben Fragen wie vor 45 Jahren? Bleibt wirklich nur zu hoffen, dass es die jungen Frauen besser machen?“ Petra von Olschowski, Rektorin der Kunstakademie Stuttgart
„Gleiche Rechte für Männer und Frauen sind heute in vielen Staaten zwar gesetzlich festgeschrieben, aber noch längst nicht durchgesetzt. Wer sollte sie durchsetzen, wenn nicht Frauen? Und wie könnte das gelingen, ohne eine kritische Öffentlichkeit? Dazu brauchen wir kritische Medien, die die Sache problematisieren. Schließlich ist die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Männern und Frauen eine Bedingung der Freiheit.“ Annette Ohme-Reinicke, Wissenschaftlerin